Neko Case

„Wild Creatures“

Anti/Indigo (VÖ: 30.6.)

Retrospektive der großen Songschreiberin

Das meistgenannte Attribut im Zusammenhang mit Neko Case ist Mut. Aber welcher Gefahr stellt sich Neko Case eigentlich seit mehr als einem Vierteljahrhundert? „Ich versuche nur, sosehr ich kann, ich selbst zu sein“, sagt die Künstlerin. Das spürt man ihrer Kunst ab, die wohl auf den Schultern von Riesen sitzt, aber in einem relativ freien Raum entsteht. Manchmal lassen einen diese Lieder etwas ratlos zurück, weil sie ungewöhnliche Wendungen nehmen oder Melodiebögen finden, die die Standards umgehen, auch die guten und edlen. Über die vielen eindeutigen, großartigen Songs dieses Œuvres hinaus sind es die Irritationen, die Case eine Alleinstellung gegeben haben.

Eine Abenteuerreise, auf der man 23 der titelgebenden wilden Kreaturen begegnet

Wie viel hervorragende Musik Neko Case aus ihren Wurzeln in Punk und Country hat wachsen lassen, erzählt die Retrospektive „Wild Creatures“, die nun als Doppel-Vinyl erscheint. Es ist eine Abenteuerreise, auf der man 23 der titelgebenden wilden Kreaturen begegnet. „I’m An Animal“ vom Album „Middle Cyclone“ (2009) setzt die Vorzeichen, vom selben Werk stammt das sanfte, aber brandgefährliche „The Next Time You Say Forever“. Den dramatischen Psych  Country von „Favorite“ inszenierte Case 2004 mit den Artgenossen von The Sadies, die auch bei „Hold On, Hold On“ zu hören sind. Das Lied ist einer der Höhepunkte des 2006 erschienenen Albums „Fox Confessor Brings The Flood“, auf dem etwa auch Howe Gelb (Giant Sand) sowie Musiker von Calexico spielen.

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In dem Musikpoem „Halls Of Sarah“ (von „Hell-On“, 2018) ist Case Mystikerin, Feministin und Prophetin. Vielleicht ist sie selbst die Protagonistin: „She didn’t ask to be your remake or your muse/ We’re parasites inside her blues.“ Begleitet wird die Veröffentlichung von „Wild Creatures“ auf der Website der Sängerin mit Animationen der Künstlerin Laura Plansker und kurzen Texten von allerlei namhaften Kolleg:innen: Dan Bejar, M. Ward, David Byrne, Shirley Manson, Jeff Tweedy und Jason Isbell. Ergebenheitsadressen an eine große Künstlerin.