Phil Collins

No Jacket Required

Weitere Alben aus der „Take A Look At Me Now“-Reihe

1985 war das Superstar-Jahr für Collins: Keine Lieder über Scheidung mehr, stattdessen gab’s als Phil the Shill den „Miami Vice“-Auftritt sowie Live Aid in London und Phil­adelphia – er nahm beide Festivals mit, flog halt mit der Concorde schnell über den Atlantik. Mit „One More Night“ und „Sussudio“ gelangen ihm zwei US-Nummer-eins-­Singles, die auch hierzulande aus jedem Sonnenstudio plärrten – und für die Collins sich bei Michael Jacksons „Human Nature“ respektive „1999“ von Prince bediente.

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Dabei hat „No Jacket Required“ einige gelungene, wenn auch versteckte Momente. „Inside Out“, „I Don’t Wanna Know“ und der damalige CD-Bonustrack, das beatl­eske „We Said Hello Goodbye“, bieten noch den alten Phil, wie wir ihn auf seinen ersten zwei Solo­alben kennen­lernten: voller Staunen, ­voller Wut.

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Das Reissue der „Take A Look At Me Now“-Reihe macht aber auch schmerzhaft deutlich, was fehlt. Die Live-Fassungen klingen seelenlos, die Backing-Band Phenix Horns müht sich an Liedchen wie „Only You Know And I Know“ ab. Immerhin ist mit „Easy Lover“, dem Duett mit Philip Bailey, Collins’ bester Song der Ära enthalten, wenn auch nur in einer Bühnenversion – das stahlbrechende „POW POW“ des Schlagzeugs, im Studio unter Anleitung von Produzent Hugh Padgham mit Gated Reverb aufgenommen, ließ sich zu keiner Zeit live reproduzieren.

Diesem dritten Schwung an Re­issues beigefügt ist auch, anders ließe sich das Spätwerk wohl nicht mehr an den Mann bringen, das letzte Collins-Album mit Eigenkompositionen: „Testify“ (★★½) von 2002.

Badezimmerwaschbeckenmusik, aber besser als ihr Ruf. Im Vergleich zur kläglichen World-Music-Imita­tion des Vorgängers, „Dance Into The Light“ (1996), zeigte Collins hier Sanftheit, ohne sich anzubiedern. Und keine Welteroberungspläne mehr. Mit „Can’t Stop Loving You“ bewies er zudem Gespür für Vorab-singles. Leider ist das Stück nicht von ihm, sondern eine Coverversion eines Leo-Sayer-Songs.