Sundown
„Fünfinger“
Froh & Munter (VÖ: 12.12.)
Tom Liwa und Mike Krollmann flirten mit Elektronik.
„There is strange music wobbling around.“ Dieser Satz fällt irgendwo im Song „In The End“ – und er fasst dieses sehr lange Album, das in Form von zwei C90-Kassetten veröffentlicht wird, ziemlich gut zusammen. Monotone Beats treffen auf sanfte Gesangsmelodien, spröde Spoken Poetry auf hibbelige Techno-Beats, Electro-Pop auf Stream-of-Consciousness-Lyrik, Alarm-Synthies auf Ambient-Sounds, Klangexperimente auf hypnotische Loops. Die Musik, die Tom Liwa sonst produziert, macht sich zwar nicht verdächtig, als Mainstream durchzugehen, was er aber hier unter dem Namen Sundown mit Mike Krollmann veröffentlicht, ist noch ein ganzes Stück spezieller.
Ja, zwischendurch schimmert doch immer wieder der Singer-Songwriter Tom Liwa durchs Material
Die beiden gründeten Sundown, als Liwa 17 und Krollmann 20 war. 47 Jahre später erscheint mit „Fünfinger“ das zweite Sundown-Album. Wie der Vorgänger, „Crab Apple, Wild Cherry & Sloe“ (2016), verweist es mit Lo-Fi-Retro-Charme in die Zeit, in der die Band entstand – und der Krautrock elektronisch wurde. Liwa und Krollmann wirken wie Jungs, die zum ersten Mal neugierig Sequenzer, Drum Machines und Analog-Synthesizer ausprobieren dürfen.
Mal sind es Momentaufnahmen, mal surreale Szenarien, mal selbstreferenzielle Geschichten, die sich durch die Soundspuren schlängeln, etwa wenn Liwa zum hypnotisch-schlurfenden Beat von „Cream Caramel“ bekennt: „I don’t like music – I love it.“ Mal wird in eine „Blade Runner“-Ästhetik verpackt in die Zukunft geschaut („2038“), mal geht zu Akustikgitarren der Blick in die Vergangenheit („1978“). Ja, zwischendurch schimmert doch immer wieder der Singer-Songwriter Tom Liwa durchs Material. Und alle, denen diese 135 seltsamen Minuten nicht reichen, bekommen noch 45 Remix-Minuten obendrauf.
Diese Review erscheint im Rolling Stone Magazin 1/2026.