„Written In Their Soul: The Stax Songwriter Demos“

Craft (VÖ: 23.6.)

Die Komponist:innen hinter den Songs des Labels

Kann eine Revolution auf Fließbandhandwerk basieren? Sie kann. Die Soul-Explosion der Sechziger war hier (Motown/Detroit) wie da (Stax/Memphis) undenkbar ohne das Schaffen von Menschen, die tagein, tagaus und gern auch mal die Nacht durch einen Song nach dem anderen schrieben. Diese 7-CD Kollektion verdeutlicht aber auch noch mal einen Unterschied zwischen den großen R&B-Werkstätten: Während ein Smokey Robinson mit seinen Miracles nur die Regel bestätigte, dass sich die Motown-Acts bis zur Entpuppung eines Marvin Gaye als klassische Interpreten sahen, waren die Grenzen bei Stax von Anfang an durchlässiger.

Teen-Liebesnöte aus erster Hand

Ausgerechnet unten im Süden ging es ein bisschen emanzipierter zu, sowohl zwischen Schwarz und Weiß (Booker T. & The MG’s!) als auch zwischen den Geschlechtern. Deshalb konnte eine Carla Thomas nur in Memphis reüssieren. Ihren ersten Hit, „Gee Whiz (Look At His Eyes)“, schrieb sie mit gerade fünfzehn lieber gleich selbst. Teen-Liebesnöte aus erster Hand. Noch faszinierender ist die letzten Herbst verstorbene Bettye Crutcher, die sowohl allein schrieb als auch im Trio mit Homer Banks und Raymond Jackson. Ihre Women’s-Lib-Hymne „Too Much Sugar For A Dime“ gibt’s hier in zwei Versionen, von ihr selbst und Co-Autor Banks.

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Überhaupt war es damals nicht ungewöhnlich, dass Männer zumindest versuchten, die Frauenperspektive einzunehmen, auch aus ökonomischer Notwendigkeit. Henderson Thigpen hätte eine Demo-Sängerin für sein „Woman To Woman“ ja extra bezahlen müssen. Was Shirley Brown 1974 nicht daran hinderte, gleich einen Signature-Hit für sich daraus zu machen. Gleich drei CDs mit über 60 „Uncut Songs“ sind eine Fundgrube zum Entdecken. Doch genauso interessant ist es, Bekanntes neu zu entdecken. Wer das „Respect Yourself“- Demo von Mack Rice gehört hat, wird es schlüssig finden, dass die Staple Singers, die einen ganz anderen Hit daraus machten, später „Slippery People“ von den Talking Heads sangen.