Roger Waters‘ Tourstart in Lissabon wird in den Medien abgefeiert

Politisch aufgeladen, aber letztlich versöhnlich. In ersten internationalen Reviews ist von einer „erhabenen Darbietung“ die Rede

Das erste Konzert von Roger Waters ist absolviert. Am Freitag (17. März) startete der Pink-Floyd-Mitbegründer seinen Europa-Parcours vor rund 20.000 Zuschauern in der Altice-Arena in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Die meisten Medienreaktion aus UK und Portugal sind bislang versöhnlich bis Rockkritiker-begeistert.

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„A Triumph of Arena Rock“ titelt etwa die Londoner „Times“. Der englischsprachige Service der News-Plattform „Portugal Post“ spricht von einer „Rock-Oper in zwei Akten, politisch gefärbt, aber auch mit menschlicher Wärme“.

Bei der Durchsicht der bisherigen Konzertreviews fällt auf, das sich die meisten Autoren zwar auf die Antisemitismus-Kontroversen im Vorfeld beziehen, aber letztlich zu einem „halb so wild, schön wars“-Schluss kommen.

Erwähnt wird etwa die per Einspielung vorgetragene Botschaft von Waters. Darin heißt es, alle Fans, die keinen Bock auf politische Inhalte haben, sollen „sich an die Bar verpissen“. Auch seine offensichtliche Billigung von der Putin-Invasion in der Ukraine und das aggressive Israel-Bashing werden in den Berichten aufgegriffen. Genau wie die Attacke von Polly Samson, Schriftstellerin und Ehefrau des ehemaligen Floyd-Sängers und -Gitarristen David Gilmour, die ihn via Twitter als „antisemitisch bis ins Mark“ beschimpft hat.

Doch bei der Betrachtung der gesamten Show relativiert sich das Getöse im Vorfeld.

„Die ersten 45 Minuten der Show erweisen sich als unerbittlich anstrengend, da die von der Decke hängenden Bildschirme Bilder von Polizeibrutalität im Dauer-Loop zeigten und jeden US-Präsidenten seit Reagan (und sogar die Demokraten) als ‚Kriegsverbrecher‘ brandmarkten“, notiert der „Daily Telegraph“. Mit dem Auftakt-Stück „Comfortably Numb“ beginnt eine düster gefärbte erste Halbzeit des Waters-Arena-Sets: beunruhigend gedämpft“, so die Londoner Tageszeitung.

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Doch als das Konzert „in eine ergreifende Reminiszenz an Floyd-Mitbegründer Syd Barrett mit Ausschnitten aus ‚Wish You Were Here‘ von 1975 übergeht, bekommt er eine gewisse Herzlichkeit. Ein emotionaler Faden, der letztlich den Abend rettet.“

Die Bandhistorie von Pink Floyd ist mit politischen Einwürfen von Waters verwoben. Etwa als er einen Song des letzten Albums spielt, das er mit Pink Floyd aufgenommen hat. „Two Suns in the Sunset“ vom Album „The Final Cut“ (1983). Schon damals in den letzten Jahren der Kalten Krieges schrieb er „wir haben noch nie einen so gefährlichen Moment erlebt wie damals“. Heute holt er – gewohnt selbstgerecht und defätistisch – zum Rundumschlag aus: „Amerika, Russland, die Ukraine und der ganze Scheiß“. Das Publikum fragt er dräuend, ob Portugal der NATO angehöre …

Vom vielzitierte Ballon-Schwein als Bühnen-Deko ist übrigens nirgendwo mehr die Rede, eher vom „verzückten Moment“ als 20.100 Zuschauer der Magie von „Us And Them“ lauschen. Vor diesem aktuellen Hintergrund werden eventuell auch die (geplanten) Absagen der Konzerte im Mai 2023 in Frankfurt und München neu bewertet werden müssen.

Ein aktuelles Doppel-Interview gemeinsam mit Meron Mendel von der Anne-Frank-Stiftung im „Spiegel“ liest sich ebenfalls relativierend. „Ich bin kein Antisemit“ lautet hier die Botschaft.

Das Fazit des englischen „Telegraph“: „Gewollt oder nicht: Am heutigen Abend liefert Waters die beste Verteidigung gegen den Aufruhr um ihn. Eine großzügige und oft erhabene Revue seiner Musik. Seine durchaus überzeugende Darbietung von Wärme und Menschlichkeit beweist,, dass er sich nicht völlig von der Politik hat vereinnahmen lassen.“

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