Sean „Diddy“ Combs: Die Albträume von Zeugin Jane
Emotionale Abhängigkeit, sexuelle Ausbeutung. Neue Aussagen beschreiben die subtilen Machenschaften des Machtmenschen

Der gestrige Pfingstmontag (9. Juni) war in den USA ein ganz normaler Werktag. Der Mammut-Prozess um Rap-Mogul Sean „Diddy“ Combs in New York ging mit der Aussage von ex-Freundin „Jane“ weiter.
„Ich bin kein Tier, kein Pornostar“, schrieb sie
Die anonymisiert Auftretende führte mit Combs zwischen 2021 und 2024 eine Beziehung. Nach eigenen Aussagen wäre es die 35-Seiten umfassende Klageschrift ihrer Vorgängerin Cassie Ventura gegen Combs gewesen, die sie zu ihrem Auftreten vor Gericht veranlasst hat. Ventura hatte eine zehnjährige On/Off-Beziehung mit Combs. „Mir schwanden buchstäblich die Sinne“, so Jane. „Ich konnte nicht glauben, dass ich dort auch meine Geschichte lese.“
Vor Gericht schilderte sie, wie sie Combs im Oktober 2023 per Textbotschaft mitteilte, dass seine „Freak Offs“ sie komplett abstumpfen ließen und sie sich nach drei Jahren Sex mit Fremden verletzt fühlte. „Ich bin kein Tier, kein Pornostar“, schrieb sie.
Nahezu deckungsgleich hätte diese „Soirees“ eine Art rituellen Ablauf: In Hotelsuiten, schummrig illuminiert von Kerzenlicht, lief Musik. Möbel wurden mit Tüchern bedeckt, um sie vor Babyöl zu schützen. Die Frauen sollten Ecstasy nehmen, aufreizende Dessous und hohe Absätze tragen und einen männlichen Sexarbeiter verführen. Combs soll diesen Ablauf genau gesteuert haben.
„Ich wollte, dass das alles aufhört!“
Drei Tage nach Bekanntwerden von Venturas Klage schrieb Jane ihm, dass die Lektüre von Venturas Schicksal die ihres eigenen „sexuellen Traumas“ war. „Es macht mich krank, wie drei Seiten fast Wort für Wort genau meine Erfahrungen und meine Ängste trafen. Darunter war sogar zwei meiner eigenen Geburtstage“, schrieb sie ihm damals.. „Ich musste mich sogar kürzlich in einem Hotel in Los Angeles übergeben, weil ich endlich nüchtern und angewidert war. Ich fühlte mich gezwungen, hier aufzutreten. Ich wollte, dass das alles aufhört!“
Im Kern ihrer Aussage wirft Jane Combs vor, sie manipuliert und ihre sexuellen Traumata ignoriert zu haben: „Du hast mich glauben lassen, ich sei verrückt. Dabei wusstest du genau, was du tust.“ Es sei nie Liebe gewesen, sondern sexuelle Ausbeutung unter dem Deckmantel von Intimität.
In einem späteren Telefonat, das von einem beschlagnahmten Gerät Smartphone von Kristina Khorrams (Combs Assistentin) stammt, versuchte Combs zunächst, Jane zu beruhigen. Als sie widersprach, es sei für sie kein „kinky Spaß“ gewesen, wurde er laut und unterstellte ihr vor, das Gespräch aufzunehmen. Nach besagter Klage sahen sich beide drei Monate lang nicht, hielten aber Kontakt per Text und Sprachnachrichten. In einer Nachricht vom 7. Dezember 2023 schrieb Jane:
„Bitte hör auf, Frauen für deine Fetische zu benutzen. Lass Frauen in Ruhe, die das nicht wollen. Nimm dir Prostituierte und hör auf, Frauen, die dich lieben, emotional zu verletzen“. Combs antwortete: „Du versuchst, mich reinzulegen Verdammt verrückt, du nimmst unsere Telefonate auf?“ Jane sagte Combs, er würde „das niemals verstehen. Du bist so tief in deinen eigenen Lügen verstrickt, die du dir selbst erzählst.“ Fortan wäre sie zu einer „Nebenbei-Tussi und Sexarbeiterin in meiner eigenen Beziehung“ mutiert.
„Stell mir deinen Groll in Rechnung“
Combs soll wiederholt Dinge gesagt haben wie: „Stell mir deinen Groll in Rechnung“. Oder auch: „Ich will nur, dass du darüber hinwegkommst“. Er wolle keine „losen Enden“. Eine Konversation, der in einer „Entschädigungsforderung“ von Jane mündete, bei der von mehreren Hunderttausend Dollar die Rede gewesen ist.
Jane hätte sie als „Opportunistin“ und „Lügnerin“ beschimpft. Nach einem Streit schrieb sie ihm, sie wolle sterben. Sie fühlte sich überwältigt von dem, was sie als „böse Energie“ beschrieb. Combs soll ihr zudem gedroht haben, intime Aufnahmen an den Vater ihres Kindes weiterzugeben – ein Verhalten, das auch Cassie Ventura in ihrer Klage beschrieb.
Trotz einer Phase ohne Kontakt trafen sich Jane und Combs im Februar 2024 erneut. Er bereitete ein romantisches Setting vor, sie nahmen Ecstasy, und Jane willigte erneut in Sex mit einem Escort ein. Es folgten weitere solcher Nächte. Im März bat Combs Jane, ein Dokument zum „Abschluss“ zu unterzeichnen. Kurz darauf durchsuchten bereits Ermittler seine Anwesen.
Später wurde Jane von einem Escort namens Sly mit der Veröffentlichung eines Sexvideos erpresst, das Combs versehentlich auf Slys Handy aufgenommen haben soll. Jane wandte sich an Combs, dessen Anwälte sich einschalteten. Das Video wurde letztlich nicht veröffentlicht.
Besonders das Verhältnis zwischen angeblicher Zuneigung und Kontrolle durch Combs habe sie verwirrt
Im Juni 2024 kam es zu einem gewalttätigen Vorfall in Janes Haus. Nach einem Streit soll Combs sie gewürgt, geschlagen und durch das Haus gezogen haben. Später am Abend zwang er sie laut Aussage dazu, trotz ihres Widerstands Ecstasy zu nehmen und an einem weiteren sexuellen Akt mit einem Escort teilzunehmen. Jane sagte, sie habe sich dabei „ekelhaft und schrecklich“ gefühlt.
Auch nach diesem Vorfall traf sie sich noch mit Combs, zuletzt im Juli 2024. Obwohl er versprach, auf ihre Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, reagierte er aggressiv, als sie sich müde fühlte. In einer späteren Nachricht warf sie ihm vor, Frauen für seine Fetische zu benutzen.
Während ihrer Aussage erklärte Jane, dass sie weiterhin versuche, das Erlebte zu verarbeiten. Besonders das Verhältnis zwischen angeblicher Zuneigung und Kontrolle durch Combs habe sie verwirrt. Sie sagte, sie habe oft zugestimmt, obwohl sie innerlich ablehnte, weil sie ihn nicht enttäuschen wollte. Combs habe behauptet, die Videoaufnahmen zeigten „nur Spaß“ – doch Jane sagte, sie sei sich bis heute nicht sicher, ob es wirklich einvernehmlich war.
Die Anklage sieht Jane als Opfer von sexueller Ausbeutung und psychischem Zwang. Jane selbst sagte, sie habe sich oft nach Nähe gesehnt, doch diese sei nur nach sogenannten „Freak-offs“ in Aussicht gestellt worden – ein Muster, das sich durch die gesamte Beziehung zog.