„The Last of Us“: Die 5 wichtigsten Unterschiede zwischen dem Spiel und der Serie

So wurde die Story des Videospiels ergänzt und (zum Teil) verbessert, damit sie als Fernsehserie funktioniert.

von Christopher Cruz

Es gab viele Menschen, die an der Notwendigkeit einer Adaption des modernen PlayStation-Klassikers „The Last of Us“ zweifelten. Er galt bereits als eines der filmischsten Spiele, die je produziert wurden. Das stellt sich die Frage: Was könnte also als Fernsehserie noch bringen – oder noch schlimmer, was müsste das Game für eine Verfilmung opfern?

Allem Anschein nach haben sich mögliche Befürchtungen als falsch erwiesen. Die Pilotfolge wurde von Kritikern hoch gelobt und war für HBO die zweitbeste Premiere einer neuen Serie seit zehn Jahren. Und die Verfilmung wird von Woche zu Woche beliebter. Für die Fans ist das nicht nur eine riesige Erleichterung, sondern auch ein Beweis für die liebevolle Arbeit, die der Serien-Schöpfer Craig Mazin und der Spielentwickler Neil Druckmann geleistet haben. Ihr außerordentliches Engagement und ihre Treue zum Ausgangsmaterials haben zu einem Erlebnis geführt, das sowohl für Spieler als auch für Gelegenheitspublikum sehr befriedigend ist.

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Dennoch gleichen sich die Serie und das Spiel nicht in allen Punkten. Jetzt, wo wir das erste Drittel der ersten Staffel hinter uns haben, wird klar, dass einige der magischsten Erfahrungen darin bestehen, zu sehen, wo die Serie vom Spiel abweicht – und es oftmals verbessert. Werfen wir einen Blick auf die größten Veränderungen in den ersten Episoden.

Achtung: Spoiler

1. Ranken statt Sporen

Wenn es etwas gibt, was die Zuschauer über Zombies wissen, dann das, dass sie beißen. In beiden Versionen der Welt von „The Last of Us“ kann ein Mensch durch bösartige Bisse und Kratzer von Cordyceps-verseuchten Individuen infiziert werden – vorausgesetzt, sie werden nicht völlig von ihnen zerfetzt. Eine der anhaltenden Bedrohungen im Videospiel schafft allerdings nicht den Sprung zu HBO: Pilzsporen. Gleich zu Beginn des Spiels müssen die Spieler durch dicht bewölkte Gebiete schleichen, in denen Cordyceps-Sporen in der Luft schweben. Diese sind, zusätzlich zu den herkömmlichen Bissen, die Hauptinfektionsquelle für Menschen. Für ein Spiel ergibt das durchaus Sinn: Es entstehen Szenarien, in denen die Spielenden gezwungen sind, die Dinge langsam anzugehen, da die Sicht eingeschränkt ist.

Warum also die Änderung? Nun, eines der größten Probleme bei Spieladaptionen besteht darin, die Bilddeutung in eine filmischere Sprache für das Betrachten, statt für das Spielen, zu übertragen. Im Spiel setzen die Charaktere bei jeder Sporenbegegnung Atemschutzmasken auf. In einer Fernsehserie können jedoch selbst durchsichtige Masken den Ausdruck eines Charakters und die Fähigkeit eines Schauspielers, Emotionen zu vermitteln, beeinträchtigen. Die Ironie liegt zudem natürlich darin, dass sich Hauptdarsteller Pedro Pascal bereits einen Namen als der Masken tragende Mandalorian in dem gleichnamigen „Star Wars“-Spinnoff gemacht hat. Warum sollte man ihn also in eine Schublade stecken, wenn er einer der dynamischsten Darsteller der Serie ist? Und schon sind die asbestartigen Wolken verschwunden. An ihre Stelle treten vor allem empfindungsfähige, spaghettiartige Pilzranken, die aus den Mündern der infizierten Wirte herausragen und einige der unheimlichsten Bilder in der zweiten Episode liefern.

2. Pilzartige Wesen denken ähnlich

Die nächste große Veränderung der Cordyceps-Bedrohung besteht darin, wie sich die Pilze in ihren Wirten und in der Welt verwurzelt. Während viele erwarteten, dass der Ursprung des Ausbruchs ein Geheimnis bleiben würde, wird es in Episode zwei überraschend gelüftet: Die Pilzzellen gelangten in weltweit verbreitete Lebensmittel wie Mehl und Zucker und übernahmen an einem einzigen Wochenende, an dem sich die Menschheit mit Kohlenhydraten vollgestopft hatte, den gesamten Planeten. Die globale Vernetzung ermöglichte die Ausbreitung der Pandemie, und ihr Gedeihen.

Im Spiel gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Cordyceps-Pilze ein übergreifendes Bewusstsein haben, aber eine Szene zeigt, dass sie auf Reize wie ein Schwarm reagieren. Darüber hinaus gibt es nun ein Netzwerk aus Myzel, das sich durch die menschlichen Wirte (die Haut der Leichen weicht einem pelzigen, schimmelartigen Flaum) und die Erde wühlt. Ein falscher Tritt auf eine Myzelwurzel kann die Infizierten meilenweit in Alarmbereitschaft versetzen. Dadurch entsteht ein Gefühl des Schreckens, das es (zum Glück) im Spiel nicht gab. Druckmann wünsche sich allerdings nun, dass er das auch dort untergebracht hätte. Im offiziellen Podcast der Show sagte er: „Das ist eine der Ideen, auf die Craig bei seinen Nachforschungen gekommen ist und ich dachte: ,Moment, das wäre ein gutes Gameplay.'“

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Aber keine Angst, es wird keine kitschigen deus ex machina „töte den Anführer, töte sie alle“-Wendung geben. Nach allem, was wir über das Spiel und das Engagement der Serie wissen, wird es nicht so einfach, die Menschheit im letzten Akt zu retten.

3. Neue Perspektiven

Die größte Stärke der Serie im Vergleich zum Spiel ist die inhärente Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln. Da sie nicht an Interaktivität gebunden sind, können die Macher der Serie geschickt zwischen der Perspektive von Joel Miller (Pedro Pascal) sowie Ellie Williams (Bella Ramsey) und der anderer Charakteren wechseln, die zuvor an ihre Interaktionen mit den Protagonisten und die Sichtweise des Spielers gebunden waren.

In der Show können so mehrere Charaktere auf überraschende Weise eingeführt oder vermenschlicht werden – angefangen mit der Organisation FEDRA, die im Spiel eine eher passive Rolle spielt. Ähnlich wie die Cordyceps sind sie eine ständige Bedrohung und ein tödliches Hindernis in den verschiedenen Quarantänezonen. Jedoch wird ein Großteil ihres Schrecken durch die düstere Erkundung verlassener Militärzonen und tragischer Tagebucheinträge dargestellt. In der Pilotepisode wird ein FEDRA-Wächter namens Lee vorgestellt, der regelmäßig Pillen von dem Schmuggler Joel kauft und ihm eine ominöse Warnung ausspricht, bevor er in einer Schlüsselszene ein grausames Ende findet. Es ist nur eine kleine Rolle, aber sie zeigt den Tribut, den diese Welt selbst für ihre Gestapo-ähnlichen Fußsoldaten fordert. Denn Lee ist nur ein weiterer gebrochener Mensch, der seinen Alltag am Rande des Abgrunds bewältigt. Das ist ein krasser Unterschied zum Spiel, in dem kein einziges Mitglied der FEDRA menschlich dargestellt wird, obwohl viel mehr Zeit auf ihre Gegner, die Fireflies, verwendet wird.

Die Serie setzt diesen Trend fort, indem sie in Episode vier einen Blick hinter den Schleier der lokalen Miliz und der Räuber wirft, wie der Teaser-Trailer zeigt. Es gibt auch eine große Änderung in Episode drei, aber dazu kommen wir noch.

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Das Wichtigste an all dem ist nicht nur die großartige Erzählweise – vor allem für Spieler – sondern auch, dass die Zuschauenden alternative Perspektiven jenseits der von Ellie und Joel kennenlernen. Es ist eine Welt der grauen Moral und die Verschiebung der Empathie und der Perspektive des Publikums wird für die Zukunft der Serie entscheidend sein.

4. Weniger Ecken und Kanten

Trotz der zahlreichen Momente von düsterer Schönheit sind die Spiele von „The Last of Us“ bekanntlich erschütternde Erfahrungen. Diese können schonungslos sein, wie die Zuschauer in den ersten Folgen der Serie gesehen haben. Niemand ist sicher, und es ist den Machern hoch anzurechnen, dass sie davor nicht zurückschrecken. Stattdessen haben sie sich die Freiheit genommen, um einige der Charaktere auf eine Art und Weise abzumildern, die sich nicht am Elend ergötzt, sondern an den ergreifenden Momenten erfreut.

Angefangen bei Joel. Es wird von vornherein klargestellt, dass er ein böser Mann ist oder zumindest ein Mann, der zu sehr bösen Dingen fähig ist. Abgesehen von einer Gewalttat wird dies hauptsächlich durch Dialoge und seine Beziehung zu seiner Partnerin Tess (Anna Torv) vermittelt, die zärtlicher und offenkundig romantischer ist als im Spiel. Apropos Tess, auch sie wird in einem sanfteren Licht gezeigt. Obwohl sie eindeutig zum Töten fähig ist, handelt sie überlegt – sie entscheidet, unter welchen Bedingungen sie Joel auf Robert, seinen ehemaligen Partner, loslässt. Im Spiel entscheidet sie nach einer langen Verfolgungsjagd mit einem leidenschaftslosen Kopfschuss über Roberts Schicksal.

„The Last Of Us“ – hier eine Szene aus dem Game

Wenn Joel und Tess die Außenbezirke von Boston erreichen, haben sie bereits ein gutes Dutzend Menschen getötet – mit der Hand, einem Ziegelstein, einer Klinge oder einer Pistole, alles unter der Leitung des Spielers. Es ist leider eine Tatsache, dass Gamer gegenüber dieser Art von Gewalt desensibilisiert sind – sie erwarten sie sogar – und was in diesem Medium funktioniert, funktioniert im Fernsehen nicht unbedingt. Am Sonntagabend um neun würde sich Joel eher wie ein Serienmörder anfühlen und nicht wie ein Mann, der vom Weg abgekommen ist.

Und schließlich ist da noch Joels verzweifelte Suche nach seinem Bruder Tommy (Gabriel Luna). Im Spiel haben sich die beiden vor Jahren entfremdet – und das nicht freundschaftlich. In der Serie haben sie erst seit sieben Wochen keinen Kontakt mehr. Seine Hauptmotivation ist es, eine Autobatterie von Robert zu bekommen (im Spiel ursprünglich ein Munitionslager) und nach Wyoming zu reisen, um ihn zu finden. Da wir gerade von der Batterie sprechen…

5. Herzlich Willkommen in Bills Stadt

Die stärkste Überarbeitung der Originalgeschichte befindet sich in Episode drei, „Long, Long Time“. Es ist eine der am schönsten umgesetzten Folgen im Fernsehen der letzten Jahre, die sich vor allem auf die jahrelange Romanze zwischen dem mürrischen Überlebenskünstler Bill (Nick Offerman) und seinem herzlicheren Partner Frank (Murray Bartlett) konzentriert. Niemand hätte erwartet, dass HBO eine 75-minütige Indie-Romanze in den ersten Akt einer Zombie-Survival-Show einbauen würde. Doch hier ist sie nun und das Ergebnis ist großartig.

Gleich zu Beginn gibt es einige große Unterschiede, denn Frank ist am Leben. Zumindest für eine gewisse Zeit. Im Spiel interagieren die Spieler nur mit Bill, dessen unausstehliche Bitterkeit von dem Moment an präsent ist, in dem er auf der Bildfläche erscheint und einen Clicker (eine Entwicklung der infizierten Zombies) mit einer Machete enthauptet. Von da an wird er in mehreren Kapiteln zur Begleiter und Schutzmann, insbesonderenals Joel einen Gefallen einfordert, um die Autobatterie zu finden. Die meiste Zeit verbringt Bill damit, Joel zu ärgern und sich mit Ellie zu streiten, die ihn sofort hasst. Er rät Joel, sich von ihr zu trennen, denn Bindungen sind das Einzige auf dieser Welt, was einen schneller umbringt als ein Clicker. Dies geschieht, als der Spieler schließlich die Leiche von Frank findet, der sich erhängt hat – bis zu diesem Zeitpunkt wurde er von Bill nur verächtlich als Träumer bezeichnet. Sein Abschiedsbrief täuscht über die romantische Beziehung zwischen den beiden hinweg. Sie wird erst deutlich, wenn der Spieler Bill den Brief überreicht und sieht, wie er sichtlich zusammenzuckt und seine Tränen unterdrückt.

Als das Spiel 2013 veröffentlicht wurde, wirkte das es fortschrittlich, obwohl es die Existenz eines schwulen Paares nur andeutete – insbesondere da dieses nicht den offensichtlichen Stereotypen entsprach. Trotzdem spielte es immer noch mit dem rückschrittlichen „begrabt eure Schwulen“-Bild, in dem queere Charaktere grausam getötet werden, um die Welt zu verschönern. Auch wenn die Geschichte von Bill und Frank in der Serie ebenfalls mit Suizid endet, ist die Darstellung einer glücklichen und gesunden queeren Romanze, die sich über fünfzehn Jahre erstreckt, ein Quantensprung gegenüber dem Spiel. Es ist kein Durchbruch, Queerness einfach im Fernsehen darzustellen, aber für eine Serie, von der viele erwartet haben, dass sie so oberflächlich wie das Videospiel ist, ist die Hingabe zu menschliche Geschichten bewundernswert. Queerness ist ein integraler Bestandteil von „The Last of Us“ (dem Spiel), und es ist ein thematisch ehrlicher Schritt, sich für die Serie darauf zu stützen.

Aus dem Amerikanischen übersetzt, erstmals veröffentlicht auf rollingstone.com

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