Neue Mini-Serie über Untergang der Titanic sorgt für Entsetzen
In vier Teilen wird Minute für Minute gezeigt, wie es zur „Titanic“-Katastrophe kam.
Die Kollision der Titanic mit einem Eisberg ist nun fast schon 114 Jahre her. Doch die düstere Faszination, die von dieser Katastrophe ausgeht, scheint ungebrochen.
Der Mythos um das eigentlich für unsinkbar gehaltene Schiff wurde bereits mehrfach verfilmt. Bekanntlich machte James Cameron daraus einen spektakulären Oscar-Erfolg. Aber auch wissenschaftlich wird weiter an den Details des Schiffsuntergangs geforscht (was auch heute noch Menschen in den Tod treibt). Podcasts, Serien und Dokus zum Thema können eine gewisse Sensationslüsternheit nicht verbergen.
Mit „Titanic Sinks Tonight“ der BBC kommt nun eine hochauthentische, aber auch verstörende Variante dazu. Die vierteilige Mini-Serie verbindet dokumentarische Elemente mit szenischen Rekonstruktionen und stützt sich dabei konsequent auf Briefe, Tagebücher und spätere Interviews jener Menschen, die die Nacht an Bord erlebt haben.
Dadurch entsteht eine unmittelbare Nähe zu den Ereignissen, die dem Publikum kaum Schutz bietet vor den zum Teil quälenden Ereignissen an Bord oder im eiskalten Atlantik. Das Entsetzen speist sich hier nicht aus spektakulären Bildern, sondern aus Erinnerungen und fragmentarischem Wissen des Moments. Zu sehen sind Menschen, die nicht wussten, was wir heute wissen.
Historische Rekonstruktion der Titanic-Katastrophe
Die Serie verzichtet ganz bewusst auf den Kern der mythischen Erzählung eines Untergangs, der für unmöglich gehalten wurde. Stattdessen gibt es eine Abfolge realer Entscheidungen, Missverständnisse und sozialer Mechanismen zu erleben. Einordnungen kommen etwa von Historikerin Suzannah Lipscomb und dem ehemalige Admiral Lord West. Schauspieler lesen aus Augenzeugenberichten, Briefen, Memoiren und Telegrammen der Überlebenden vor.
Klar wird, dass die durch Hierarchien ausgelösten Informationsgefälle für trügerische Sicherheiten sorgten, die Tausenden von Menschen zum Verhängnis wurden. Für die Passagiere der ersten Klasse glich die Titanic einem schwimmenden Luxushotel, hier präsentiert durch reale Figuren wie die Modedesignerin Lucy und Lady Duff-Gordon. Demgegenüber stehen Passagiere wie Charlotte Collyer aus der zweiten Klasse, die seekrank und verunsichert waren, aber dennoch auf Ordnung und Autorität des völlig überforderten Schiffspersonals vertrauten. Sie gingen zum Teil mit der Versicherung, für sie sei gesorgt, in den Tod.
Das Unglück der Migranten
„Titanic Sinks Tonight“ legt wert darauf, die Geschichte der Titanic auch als eine über die vernichtete Hoffnung von Migranten zu rekonstruieren. Stellvertretend dafür gibt es Gedanken der Schriftstellerin Nadifa Mohamed. Sie zieht Parallelen zwischen den damaligen Passagieren und heutigen Erfahrungen von Menschen, die sich einem vermeintlich sicheren System anvertrauen. Die trügerische Ruhe vor dem tatsächlichen Untergang der Titanic ist dann auch das, was die Serie zu einer stillen Horrorstory macht.
Camerons „Titanic“ zeigte viele dieser Momente der Ohnmacht, zu großen Teilen aber szenisch verdichtet oder psychologisch motiviert, um die Entscheidungen der Figuren zu erklären. Wenn in der BBC-Reihe der Kapitän erkennt, dass es kein Entkommen gib und ein Funker verzweifelt versucht, Hilfe herbeizurufen, dann wird in der minutiösen Aufrechnung der 160 letzten Minuten des Luxus-Schiffes deutlich, wie bewusst den einen das Grauen war und wie wenig den anderen klar gemacht wurde, was sie erwartet.
„Titanic Sinks Tonight“ im Stream
Der erste Teil der vierteiligen Mini-Serie „Titanic Sinks Tonight“ lief am Sonntag (28. Dezember) bei BBC Two, die weiteren Episoden folgen die nächsten Abende. Zu sehen ist die Serie auch in der BBC-Mediathek. Ein Deutschlandstart ist noch nicht bekannt gegeben.