Wolfgang Van Halen: „Meshuggah sind Götter“

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Wolfgang Van Halen meint’s mehr als ernst mit seiner Band Mammoth. Vier Jahre nach dem gefeierten Debüt und zwei Jahre nach Mammoth II veröffentlicht der Sohn und ehemalige Bandkollege der Gitarrenlegende Eddie Van Halen nun sein drittes Album The End – diesmal konsequent ohne das Kürzel WVH im Bandnamen. Der Multiinstrumentalist, der bereits mit 15 Jahren als Bassist bei Van Halen einstieg und später mit Tremonti tourte, spielte auch dieses Mammoth-Album fast im Alleingang ein. Produziert wurde die Platte einmal mehr mit Michael „Elvis“ Baskette.

ROLLING STONE bat Wolfgang van Halen zum Interview und sprach mit ihm über das neue Album, Gitarren und seine Liebe zu den schwedischen Extrem-Metallern von Meshuggah.

Wolfgang, für Ihr Projekt Mammoth läuft’s scheinbar wie am Schnürchen. Jetzt steht Album Nummer drei in den Startlöchern. Können Sie mich durch den Aufnahmeprozess führen und erzählen, wie es entstanden ist?

Ich glaube, bei jedem Album passiert etwas anderes, das den Prozess in Gang setzt. Dieses Mal war die Vorproduktion etwas anders. Normalerweise mache ich alles auf meinem Laptop und bastle Demos so zusammen. Aber diesmal war das Studio früh genug fertig, sodass ich alles dort machen konnte. Mein Engineer legte ein Tempo fest, ich spielte Gitarre dazu, rannte dann raus, um Schlagzeug einzuspielen, und dann wieder zurück, um den Bass aufzunehmen – also so live, wie es mit einer Person eben geht. Das hat mir erlaubt, mehr Risiken einzugehen, und man merkte sofort, ob eine Idee gut war oder nicht – statt vier Stunden an einem Demo zu basteln und sich im Kreis zu drehen. Songs wie „One of a Kind“, „I Really Want To“ oder auch der Titelsong wären ohne diesen Prozess nicht so geworden, wie sie jetzt sind.

Wie lange haben die Aufnahmen insgesamt gedauert?

Insgesamt vielleicht drei Monate. Wir teilen das meist in zwei Hälften auf: Zuerst treffen wir uns, wählen etwa zehn bis fünfzehn Songs aus und nehmen die Rhythmusspuren auf – also Drums, Bass und Gitarren. Dann mache ich eine Pause von ein, zwei Wochen, in der ich Gesangsmelodien und Texte schreibe. Danach geht’s wieder ins Studio, etwa einen Monat oder eineinhalb, um Soli und Gesang aufzunehmen. Insgesamt also zwei bis dreieinhalb Monate.

Sie haben wieder mit Michael „Elvis“ Baskette produziert. Welche Rolle spielt er in Ihrer Arbeit?

Er ist alles. Wenn Leute sehen, dass ich im Studio allein bin, denken sie, ich arbeite mit niemandem zusammen. Aber Elvis ist quasi die andere Hälfte der Band im Studio. Er verhindert, dass ich an mir zweifle, lenkt mich in die richtige Richtung und stellt sicher, dass alles so ist, wie es sein soll. Er ist einfach wunderbar zu arbeiten, ebenso sein Team – Jeff Moll als Engineer und Josh, Elvis’ Assistent. Wenn man uns vier in ein Studio steckt, kommt wahrscheinlich in drei Monaten ein Mammoth-Album raus.

Wolfgang Van Halen im Interview: „Ich nehme jeden kleinen Erfolg dankbar an“

Ihre Karriere mit Mammoth ging schnell steil nach oben – Alben, Touren, Erfolg. Haben Sie dafür Ihre Karriere einen Masterplan oder gehen Sie einfach Schritt für Schritt?

Ich nehme jeden kleinen Erfolg dankbar an, aber man schaut immer nach vorn. Wir fragen uns ständig: Wie können wir uns fordern? Wie können wir mehr Leute erreichen? Wir spielen einfach gern – egal wo. Wir haben vor Metallica gespielt, aber auch in einem Club vor 300 Leuten in Frankfurt. Wir spielen überall, wo man uns hören will, Festivals, alles. Ich weiß nicht, ob es einen Plan gibt – wir lieben einfach, was wir tun.

Sie haben für das neue Video mit dem Regisseur Robert Rodriguez gearbeitet. Erzählen Sie davon.

Das war verrückt. Wir haben uns vor ein paar Jahren kennengelernt, er kam zu einer Show, wir haben Nummern getauscht. Seine ganze Familie war da, tolle Leute. Ich dachte immer, es wäre cool, wenn er mal ein Video machen würde, aber ich wollte ihn nicht fragen. Dann habe ich ihn besucht, ihm frühe Demos vorgespielt, die ihm gefielen – das gab mir Mut. Als dann „The End“ als Single feststand, fragte ich ihn: „Du kannst nein sagen, aber hättest du Lust, ein Video zu machen?“ Ich wollte etwas im Stil von From Dusk Till Dawn. Er fand die Idee super, kam ein paar Tage später vorbei und hatte ein zehnseitiges Drehbuch geschrieben! Dann rief er Greg Nicotero und Danny Trejo an, ich holte auch alle ran – und wir drehten zwei Tage lang je zwölf Stunden. Er meinte, wir hätten vier Drehtage in zwei gepackt. Es war anstrengend, aber einfach fantastisch.

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Mögen Sie Musikvideos generell?

Ja. Ich stecke in jeden Aspekt der Band 100 % Energie – vom Sequencing über das Artwork, Texte, Videos, bis hin zur Live-Setlist. Ich will, dass alles so gut wie möglich ist. Also ja, ich liebe das.

Welche Gitarren haben Sie auf dem neuen Album benutzt?

Zu 90 % die SA-126, die wir zusammen mit der Marke entwickelt haben. Auf Mammoth II war’s das Tobacco-Burst-Modell, eines der ersten Prototypen. Jetzt war’s eine goldene, gealterte Custom-Shop-Version aus Nashville – das Rückgrat des Albums, kombiniert mit dem 50-Watt-5150 III 6L6-Amp. Ab und zu hab ich was Besonderes ausgepackt – z. B. für den Anfang von „The End“ die Frankenstein-Gitarre meines Vaters. Ich nutze gern ein paar seiner Gitarren, damit er Teil der Geschichte bleibt. Auch das palm-muted Intro von „Selfish“ stammt von der „Shark“-Gitarre vom Women and Children First-Cover. Wir haben sie an einem der letzten Aufnahmetage nochmal rausgeholt.

Eddie Van Halen mit Sohn Wolfgang auf der Bühne
Eddie Van Halen mit Sohn Wolfgang auf der Bühne

Welche Amps haben Sie verwendet?

Den 5150 III 6L6 – extrem vielseitig. Zusammen mit der SA-126 ist das genau der Sound, den ich will, live und im Studio. Wir variieren eher mit Pedalen. Elvis sagt oft: „Probieren wir das, probieren wir das.“ Wichtig ist der Fox Tone Fuzz – er gibt diesen dicken, fuzzigen Queens-of-the-Stone-Age-Sound. Der ist mittlerweile fest in unserem Klang drin.

Wo sehen Sie die Stärken der EVH-Gitarrenmarke?

Die Stärke liegt darin, dass es für jeden Spielertyp etwas gibt. Nicht nur für eine Zielgruppe. Wir machen jetzt auch Stop-Tail-Modelle, weil nicht alle ein Floyd Rose wollen. Das Floyd bleibt aber Kern der Marke – Teil des Vermächtnisses meines Vaters. Wir respektieren das, erweitern aber die Familie. Ich bin super stolz, was die SA-126 als Semi-Hollow erreicht hat. Wir arbeiten auch weiter an Ideen, die mein Vater geplant hatte. Matt Bruck – der die Firma mit Dad gegründet hat – leitet alles, ich bin kreativ und bei Entscheidungen dabei. Es läuft großartig.

Sind Sie eigentlich ein richtiger Gearhead?

War ich mal. Aber seit ich die SA-126 spiele, hat das fast mein Gear-Interesse getötet, weil sie perfekt ist. Ab und zu kaufe ich Sachen, die völlig außerhalb meiner Komfortzone liegen – neulich eine Siebensaiter, vielleicht bald eine Achtsaiter, um Meshuggah zu lernen. Aber für Mammoth ist die SA-126 einfach die Gitarre.

Wolfgang Van Halen
Wolfgang Van Halen

Meshuggah sind ja ein großer Einfluss für Sie, oder?

Absolut. Ich hab sie erst mit „Bleed“ entdeckt – 2008 oder 2009, als obZen rauskam. Fand’s sofort irre. Dann hab ich zurückgehört: Nothing, Chaosphere. Am Anfang mochte ich die Growls nicht so, ich war eher bei Bands wie Killswitch Engage, wo trotzdem gesungen wird. Aber mit der Zeit hab ich’s lieben gelernt. Meshuggah und Gojira sind riesige Einflüsse. Ich finde, Meshuggah sind Götter – Pioniere. Und witzigerweise beruhigt mich ihre Musik. Ich kann zu Meshuggah einschlafen.

Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages eine Achtsaiter mit EVH zu bauen?

Das wäre verrückt. Wenn ich mal etwas auf einer Achtsaiter schreibe, das zu Mammoth passt, dann vielleicht – oder zumindest eine Bariton-Version. Wäre sicher ein lustiges Projekt.

Die Puristen würden das sicher spannend finden.

Es wird immer jemanden geben, der sauer ist – egal, was man macht.

Wolfgang Van Halen 2015 zusammen mit seinem Vater Eddie Van Halen.
Wolfgang Van Halen 2015 zusammen mit seinem Vater Eddie Van Halen.

Würden Sie sagen, dass Leute, die Sie von Van Halen kennen, teils überkritisch, teils überprotektiv sind?

Ja, beides. Manche lieben mich bedingungslos deswegen, andere hassen mich genau deshalb. Ich will einfach, dass die Leute mich unabhängig davon beurteilen. Deshalb bin ich froh, dass das Band-Kürzel WVH aus dem Namen raus ist. Ich liebe es, wenn Leute Mammoth hören und erst später merken, dass das alles ich bin. Diese organische Entdeckung ist mir wichtig – viele haben sich ihre Meinung über mich schon gebildet, bevor sie mich überhaupt gehört haben.

Was steht jetzt als Nächstes an?

Das Album erscheint am 24. Oktober, also heißt es: Touren, bis wir wieder aufnehmen. Wir starten eine Headline-Tour in den USA mit Myles Kennedy, dann Festivals, und wir wollen unbedingt nach Europa – diesmal als Headliner. Wir waren da bisher nur punktuell. Es wird Zeit.

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Kevin Mazur

Markus Brandstetter schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.