Clint Eastwood

Zugegeben, er hat im Laufe der Jahre einige finstere Burschen zur Strecke gebracht, doch diesmal hat er es mit einem Gegner zu tun, dem auch er nicht das Wasser reichen kann: der Musikindustrie. Immerhin: Clint Eastwood hat für sein Jazz-Label „Malpaso Records“ bei Warner Brothers ein Zuhause gefunden und gleich mit der ersten Veröfientlichung einen Achtungserfolg: „The Bridges Of Madison County“, der Soundtrack zum gleichnamigen Film, beinhaltet mit „Doe Eyes“ zudem eine Single, die Clint selbst komponiert hat. Eingefleischter Jazz-Fan, der er seit Jahrzehnten ist, führte Eastwood bereits 1988 bei dem Charlie Parker-Film „Bird“ Regie und produzierte eine vielbeachtete Dokumentation überThelonius Monk. Mit dem ROLLING STONE sprach der harte Clint über seine schwachen Seiten.

Clint Eastwood gilt seit Jahrzehnten als Ikone der Pop-Kultur, obwohl Du Dich für Rockmusik nie interessiert hast.

Ich habe immer R&B heiß geliebt, gelegentlich auch Rock’n’Roll, vor allem einige Sachen aus den Sechzigern. Aber ich bin nie Teil dieser Rock’n’Roll-Generation gewesen, weil ich nun mal in den Vierzigern mit Debop und Big-Band-Jazz aufgewachsen bin. Die Sechziger sind musikalisch an mir spurlos vorbeigegangen; sie hatten mir emotional nur wenig zu sagen. Rock’n’Roll war für mich letztlich immer nur eine weiße Version des Rhythm& Blues.

Nichtsdestotrotz gibt es Rock’n‘ Roller im Dutzend, die Dich geradezu abgöttisch verehren – Deinem Law-and-Order-Image zum Trotz.

Offensichtlich. Ich habe über die Jahre erstaunlich viele Rockmusiker getroffen, die mir und meiner Arbeit enorm viel Sympathie entgegengebracht haben.

An wen denkst Du da besonders? Bist Du je Elvis begegnet?

Wir sind uns öfter mal bei Dreharbeiten über den Weg gelaufen. Er kam riiber zu unserem Set und versuchte uns abzugucken, wie man professionell den Colt zieht.

Für „The Bridges Of Madison County“ (Filmstart in Deutschland: 28. September) hast Du jazziges Material zusammengestellt, dabei aber auf vorhersehbare Kandidaten wie Frank Sinatra und Nat King Cole verzichtet, sondern eher auf schrägere Musik gesetzt.

Ich liebe Frank Sinatra und Nat King Cole, aber ich wollte mit Absicht nicht in den Mainstream. Ich wollte nicht die Musik, die in allen Filmen eingesetzt wird.

CLINT EARTWOOD Einige Deiner Filme hatten vom Sujet her doch eigentlich eher eine Nähe zur Countrymusik als zum Jazz. Bist Du vielleicht nicht doch ein heimlicher Country-Fan?

Der Country-Mainstream läßt micht kalt, aber Leute wie Bob Wills And His Texas Playboys habe ich immer gerne gehört. Ich habe sogar mit Merle Haggard mal ein Duett gesungen: „Bar Room Buddies“ war damals sogar die Nr. 1 der amerikanischen Country-Qiarts. Hab einige Duette gesungen, eines auch mit Ray Charles.

Wie stufst Du denn Dein Talent als Sänger bzw. Pianist ein?

Soviel ist klar: Wenn ich damit mein Brot verdienen müßte, sähe ich verdammt alt aus. (lacht) Seit ich 17 bin, habe ich nicht mehr ernsthaft gespielt. Aber es reicht, um ein paar Sachen aufs Papier zu bringen, die mir hier und da einfallen.

Oder um als Schauspieler überzeugend in die Tasten zu greifen wie unlängst ja noch in „In The Line Of Fire“…

Oder in „Honkytonk Man“. Irgendwie liebe ich halt Filme mit einer starken Musik-Anbindung.

Ich erinnere mich an einen Guns N’Roses-Track in einem Deiner Filme, aber das ist wohl eher die Ausnahme…

Ja, ich halte Distanz zu diesem Zeugs. Momentan scheinen wieder mal alle die gleiche Kuh melken zu wollen: Wenn der Film völlig mißlungen ist und dringend einen künstlichen Push braucht, schmeißt man hundert Popsongs in den Topf und betet, daß einige zünden und dadurch den Film doch noch retten. Daran liegt mir nichts. Für mich müssen Film und Musik Hand in Hand gehen.

In jüngster Zeit melden sich wieder einmal konservative Stimmen zu W>rt, die die zunehmende Gewalt im Film beklagen und nach Zensur rufen.

Man hat den Eindruck, daß die Politiker immer dann auf die Unterhaltungsindustrie einprügeln, wenn sie wieder mal etwas Publicity brauchen. Natürlich sucht man immer nach einem buhmann tür die gesellschaftlichen Eiterherde. Ich möchte die Filmindustrie auch gar nicht pauschal in Schutz nehmen, weil fraglos Dinge in die Kinos kommen, mit denen ich meine Kinder nicht konfrontiert sehen möchte. Aber ich selbst möchte die Möglichkeit haben, mir ein Bild zu machen. Ich kann mich noch daran erinnern, daß vor Jahren „The Deer Hunter“ von Leuten angeprangert wurde, die ihn überhaupt nicht gesehen hatten. Man kann alles kritisieren aber man sollte es zuerst sehen.

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