Eric Pfeils Pop-Tagebuch: Über das Tragen von Band-T-Shirts

Back in Black oder ein Bademantel mit güldener AC/DC-Aufschrift?

Folge 265

Beinahe hundert Jahre alt musste Ihr treuer Chronist werden, um festzustellen, dass er dieselben Initialen hat wie Elvis Presley. Jetzt ist es also auch egal. Hinzu kommt: Ein solch exklusives Privileg ist das ja gar nicht. Fragen Sie hierzu die Schauspielerin Erika Pluhar, die Skispringerin Eva Pinkelnig oder jede Menge anderer Leute.

Worauf ich hinauswill: Unlängst schauten meine Frau und ich uns im Kino Sofia Coppolas Film „Priscilla“ an. In einer Szene trägt der Rock’n’Roll-Gott und Toxiker einen Pyjama, auf dessen linker Brusttasche ein geschnörkeltes „EP“ prangt. „Aaah, ich brauche diesen Pyjama!“, kreischte ich und riss den halben Saal aus dem Schlaf.

Ich muss zugeben, dass ich zwar mehrere Pyjamas besitze, meist aber dann doch in alten Band-T-Shirts schlafe. Auf der Straße würde ich die niemals anziehen, ich würde überhaupt niemals ein T-Shirt anziehen, außer eben zum Schlafen. Warum besitzt dieser Mensch dann überhaupt Band-T-Shirts?, werden Sie fragen, und ich frage mich gerade dasselbe. Vielleicht um in dieser Kolumne darüber zu schreiben. Und um die These aufzustellen, dass sich anhand der Band-T-Shirts, die man besitzt, ein deutlich präziseres individuelles Pop-Psychogramm erstellen lässt als anhand der Musik, die man hört.

Folgendes lässt sich nach einer raschen Inventur festhalten: Ich besitze insgesamt sieben Band-, nein, besser: Musiker-T-Shirts, und zwar von den folgenden Künstlern: The Beatles, The Monochrome Set, Syd Barrett, Nikki Lane, Bob Dylan, noch mal The Beatles und The Soft Boys. In allen schläft es sich gut, am schlechtesten vielleicht in dem ersten der beiden Beatles-Leibchen, weil es inzwischen doch ein wenig spannt, und das Letzte, was man im Schlaf gebrauchen kann, ist ja Spannung.

Was aber irritieren muss: Ich besitze einen AC/DC-Bademantel. Er ist dunkelblau, die Rückseite ziert der güldene Band-Schriftzug, darunter steht der Albumtitel „For Those About To Rock“; eine Kanone ist auch abgebildet. Das Ganze ist einfach erklärt. Als Kind, mit zehn, elf Jahren, war Ihr Autor ein glühender AC/DC-Fan. Das habe ich mal einer Freundin erzählt, die mir das Stück daraufin zu Weihnachten schenkte. Was die Freundin ausblendete: Heute mag ich AC/DC gar nicht mehr. Vor allem die späten Sachen finde ich schrecklich, eigentlich alles ab „For Those About To Rock“, na ja.


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Trotzdem wird der Bademantel sehr oft getragen, ganze Tage schreite ich darin einher, einfach weil er so bequem ist. Kolumnisten können ja im Bademantel arbeiten – was natürlich nicht bedeutet, dass sie keine systemrelevanten Leistungsträger sind. Wenn der Paketbote klingelt, um bei mir den täglichen Päckchenturm für meine Nachbarn abzuladen, bekommt er natürlich einen ganz falschen Eindruck: „Aha“, denkt er dann vielleicht, „noch im AC/DC-Bademantel, der feine Herr, vermutlich so ein Bürgergeld-Heini!“ Und vielleicht würde er mir dann am liebsten Friedrich Merz nebst fackelschwingendem Mob auf den Hals hetzen. Wobei Friedrich Merz das AC/DC-Logo wieder versöhnen könnte. Friedrich Merz ist ja im Grunde wie AC/DC: Beide klingen wie früher, die heutige Zeit schmiert an ihnen ab.

Back in Black, hihi. Aber das ist natürlich alles Quatsch: Die Paketboten, die ich kenne, sind alle sehr nett und würden nie solchen Unsinn über mich denken. „I am not Jesus though I have the same initials/ I am the man who stays home and does the dishes“, sang Jarvis Cocker Ende des letzten Jahrhunderts. Friedrich Merz wiederum hat dieselben Initialen wie Freddie Mercury, was dieser vermutlich nicht verdient hat. Andere Popstars, mit denen sich der CDU-Parteivorsitzende die Anfangsbuchstaben von Vor- und Nachnamen teilt, sind Faiz Mangat, ehemaliges Mitglied der Boyband Bro’Sis, und Fab Morvan von Milli Vanilli. Legt man etwas guten Willen an den Tag, könnte man auch noch Frl. Menke und Fat Mike, den Bassisten von NOFX, anführen.

Es ist aber letztlich egal – Hauptsache, ich bekomme zu Hause den Abwasch erledigt. Wissen Sie, was ich wirklich brauche? Einen Bademantel, auf dem hinten steht: „Ich habe dieselben Initialen wie Édith Piaf.“

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