Joni Mitchell musste wieder lernen, Gitarre zu spielen – mit Tutorial-Videos

Nach einem Hirntumor schaute sich Joni Mitchell Tutorial-Videos an: „Es ist, als würdest du in deine Kindheit zurückgehen..“

Das nennt man dann wohl: „Überraschung!“ Und das in gleich zweierlei Hinsicht. Joni Mitchell hat auf dem traditionellen Newport Folk Festival gespielt. Der Konzertreigen an der US-Ostküste gilt als eine Art Walhalla für die amerikanische Singer/Songwriter-Szene. Die junge Kanadierin Joni Mitchell hatte hier vor 53 Jahren einen wegweisenden Auftritt.

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Jetzt trat sie zum ersten Mal seit fünf Jahrzehnten wieder in der Ostküsten-Hafenstadt auf. Doch nicht nur das Comeback an der alten Wirkungsstätte nach so langer Zeit ist bemerkenswert. Schon dass sie überhaupt ein Konzert geben konnte, ist bemerkenswert.

Joni Mitchell beim Newport Folk Festival 2022

Schließlich litt Mitchell unter einem „Gehirn-Aneurysma“. Eine Art Tumor, der Live-Auftritte für sie in der letzten Zeit unmöglich machte.

Während der so genannten „Joni Jam“, der von der Songwriterin Brandi Carlile ins Leben gerufen und gestaltet wurde, spielte Mitchell 13 Songs mit einer Gruppe von verdienten Musikern – tatsächlich zum ersten Mal seit 53 Jahren.

Gitarren-Solo zu „Just Like This Train“

Sie bewerkstelligte ihren Auftritt im Sitzen und musste sich auf den Gesang sehr konzentrieren. Nur beim Song „Just Like This Train“ von ihrem 1974er Album „Court and Spark“ wagte sie eine Stand-Up-Nummer, zu der sie Gitarre spielte.

In ihren Ansagen beschrieb sie mit ergreifenden Worten wie sie, die Meisterin an den Saiten, die Finger-Technik erst wieder mühsam erlernen musste – mit Tutorials, wie man sie auf den Videoplattformen findet.

„Alles muss man neu lernen“

In einem Interview mit der US-TV-Sendung „CBS Mornings“ sprach Mitchell über ihre verschwundene Fähigkeit, ihr Leib-und-Magen-Instrument zu spielen, nachdem sie seit 2015 mit dem Tumor zu kämpfen hatte.

„Ich lerne“, antwortete sie dem Reporter Anthony Mason auf die Frage, wie es denn so laufen würde mit dem Spielen: „Ich schaue mir Web-Videos an, die mir zeigen, wo ich meine Finger platzieren muss. Schon erstaunlich; wenn man so ein Aneurysma hat, weiß man zuerst nicht mal, wie man sich auf einen Stuhl setzt. Du hast keine Peilung mehr, aus dem Bett zu kommen. Alles muss man neu lernen; im Flashback zurück in die Kindheit.“

Harte Erfahrungen für die 78-Jährige. Ein weiterer Kampf in ihrem von Kämpfen geprägten Künstlerinnen-Leben.

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