Kritik: Peter Dinklage und „Cyrano“ – Jetzt singt er auch noch!

Weltbekannt wurde Peter Dinklage als Tyrion Lannister in „Game of Thrones“, in„Cyrano“ glänzt er in einer etwas anderen Rolle - und mit seiner Singstimme.

Mit „Cyrano“ hat sich Joe Wright, bekannt geworden durch seine Austen-Adaption „Stolz und Vorteil“, nach einigen (weniger erfolgreichen) Ausflügen ins Genre-Kino wieder einer Literaturverfilmung angenommen. Sein neuer Film ist eine Adaption eines klassischen Versdramas des französischen Theaterschriftstellers Edouard Rostand, der den Originaltext Ende des 19. Jahrhunderts verfasste. Dabei handelt es sich um eine Verbeugung vor dem Schriftsteller Cyrano de Bergerac, der mit Romanen über Reisen zu Mond und Sonne zu einem Vorläufer der Sci-Fi-Literatur wurde.

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Die Geschichte spielt in Frankreich, am Ende des 17. Jahrhunderts. Der Offizier Cyrano de Bergerac ist sehr begabt – am Degen genauso wie an der Schreibfeder. Obwohl er im Kampf nicht sehr zimperlich mit seinen Gegnern umgeht und selbstbewusst auftritt, hat auch er seine Schwachstelle: seine äußerliche Erscheinung.

Aufgrund seines Aussehens ist er überzeugt, dass seine alte Freundin, die schöne Roxanne, niemals seine Liebe erwidern könnte. Gerade als er sich ihr öffnen will, gesteht sie ihm, sich und den gutaussehenden Kadetten Christian verliebt zu haben. Da Christian im selben Regiment stationiert ist, erklärt Cyrano sich bereit, Christian zu helfen, Roxanne zu umwerben, indem er in Christians Namen Briefe an sie schreibt – und so seinen eigenen Emotionen Ausdruck verleiht. Dass Roxanne noch dazu auch vom einflussreichen und feindseligen Adeligen De Guiche (Ben Mendelsohn) umworben wird, verkompliziert Cyranos Lage umso mehr.

Peter Dinklage, eines der Gesichter der HBO-Serie „Game of Thrones“, gibt den Cyrano, den weiblichen Part übernimmt Haley Bennett, die schon in „Mitten ins Herz – Ein Song für dich“ ihre Qualitäten als Sängerin und Songwriterin zur Schau stellte.

Schöngeist mit Selbstzweifeln

Der Film basiert auf einem Theaterstück der Autorin Erica Schmidt, die auch das Drehbuch zum Film verfasst hat. Schmidt ist ganz zufällig auch die Ehefrau von Hauptdarsteller Dinklage – hatte ihren Mann aber zu Beginn des Schreibprozesses gar nicht für die Rolle vorgesehen, wie dieser bereits klarstellte.

Denn in Rostands Versdrama leidet Cyrano unter seiner zu großen Nase. Meist wurde Schauspielern dafür eine Pappnase aufgeklebt. Schmidt wollte mit der Besetzung ihres Mannes die Story zu einer universalen Geschichte über Selbstzweifel machen. Wer Dinklage vor allem als zynischen Tyrion Lannister  kennt, dem könnte er als verletzlicher Schöngeist anfangs etwas befremdlich vorkommen.

Doch die Chemie zwischen den Hauptdarsteller*innen stimmt, und lässt die naturgemäß aus der Zeit gefallene Handlung glaubwürdig erscheinen. Auch wenn die Dialoge anfangs etwas hölzern wirken, was auch der Literaturvorlage geschuldet ist, nehmen die Dialoge im Laufe des Films an Fahrt auf und werden immer wieder durch gelungene komödiantische Szenen aufgelockert.

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Nicht nur mit der Besetzung des kleinwüchsigen Dinklage gehen die Macher von „Cyrano“ neue Wege. Die Rolle des Kadetten Christian spielt der Schwarze Schauspieler Kelvin Harrison Jr. („Asassination Nation“, „The Trial of the Chicago 7“) und auch zahlreiche Nebenrollen sind mit nicht-weißen Schauspieler*innen besetzt. Damit folgt „Cyrano“ dem Beispiel des Netflix-Serienhits „Bridgerton“, das wohl das bekannteste Beispiel für „farbenblindes Casting“ in historisch anmutenden Filmen sein dürfte. Die diverse Besetzung geht bei „Cyrano“ deutlich besser auf, was auch daran liegen könnte, dass die wirklich einflussreichen und mächtigen Adeligen trotz allem von weißen Darstellern gespielt werden.

Highlight des Films dürften in jedem Fall die Musicaleinlagen sein, denn insbesondere die beiden Hauptdarsteller überzeugen mit ihren Stimmorganen. Noch dazu sind die Songs filmisch ansprechend inszeniert und bestechen mit anmutigen Tanzeinlagen. Übersetzt wurde hier ein Glück nichts, Untertitel erleichtern aber natürlich das Verständnis. Die Szenen fügen sich insgesamt harmonisch in die Handlung ein, ohne aufgesetzt zu wirken. Die Musik des Films stammt dabei von Aaron und Bryce Dessner, die Songtexte steuerte Matt Berninger bei. Also ist „Cyrano“ auch so etwas wie ein The-National-Film.

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Wie Schmidt in einem Interview verriet, habe es sie einige Überzeugungsarbeit gekostet, die Musiker von der Musicalidee zu begeistern. Die Zusammenarbeit scheint sich jedoch gelohnt zu haben. „Es war eine der größten Freuden meines Lebens, von ihnen zu lernen, mit ihnen zu arbeiten und Ideen auszutauschen“, so Schmidt.

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