Musiklabels und ihre Rolle auf TikTok: Ganz schön kompliziert

Die chinesische Social-Media-Plattform verzeichnet 1 Milliarde User. Für die Plattenfirmen ist TikTok zu einer Goldgrube geworden. Doch nicht immer entwickelt sich der bestellte Hype.

Die 25-jährige Bella Poarch wirkt schnell befremdlich für alle, die sich nicht mit TikTok auskennen. Ihre Videos sind simpel: Geschminkt und gestylt bewegt sie ihre Lippen zu Songs wie „Sophie Aspin Send“ von Millie B. Dafür gab es mehr als 50 Millionen Likes. Poarch ist mittlerweile ein Weltstar unter bei Warner Bros. Records unter Vertrag. 2021 veröffentlichte sie ihr erstes Album.

@bellapoarch To the 🐝 🐝 🐝 #fyp ♬ M to the B – Millie B

Bella Poarch

Die TikTok-App spielt mittlerweile eine enorm wichtige Rolle für Musiklabels. „Der Einfluss von TikTok auf die Charts wächst seit einigen Jahren und wird immer deutlicher. Das offensichtlichste Beispiel dafür ist Lil Nas X – er hat dank eines Songs auf TikTok den Durchbruch geschafft“, erklärte Chaz Jenkins im Gespräch mit „Deutschlandfunk“ – und meint damit „Old Town Road“. Er ist Teil des Unternehmens Chart Metric, das die Charts von Streamingdiensten analysiert.

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Lil Nas X
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Seit „Old Town Road“ sind die User-Zahlen auf TikTok in die Höhe geschossen. Mittlerweile sind rund eine Milliarde Nutzer*innen unterwegs- ein junges Publikum, das Musiklabels unbedingt erreichen wollen. Im Gespräch mit ROLLING STONE erklärt Sony Music Germany, dass man auf unterschiedlichen Ebenen unterwegs sei.

Persönlichkeit produzieren und widerspiegeln

Als Label sei man zum einen am Aufbau der Profile beteiligt. Soll heißen: gemeinsam mit den Künstler*innen soll ein “Image“ erstellt werden. Gerade online ist das wichtig. Der amerikanische Rapper Jack Harlow schaffte es zum Beispiel, sich auf TikTok mit seinen Videos als schnuckeliger Rapper von nebenan zu inszenieren.

@missionaryjackWhen you told me to forget you I went crazy🎵♬ original sound – Ray

„Es ist mittlerweile ein bisschen wie Wrestling“, erklärte Talya Elitzer. Sie ist Mitbegründerin von „godmode“- ein Label, das Künstlern wie den US-Rapper jpegmafia unter anderem bei der Online-Präsentation unterstützt. Auf TikTok müsse das Image eines Künstlers schon klar sein, bevor sie ihren Mund öffnen. „Sie müssen eine Geschichte haben, die erklärt, wer sie sind“.

Alles kann auf TikTok populär werden

Einen TikTok-Hit zu planen ist schwierig. Sony Music stehe mit dem Musik-Team von TikTok zwar im regen Austausch, aber was schlussendlich erfolgreich ist, hänge von den Nutzer*innen ab. Ein Schlager oder Rock-Hit sei auf der Website ebenso möglich.

Das macht TikTok für Menschen wie Talya Elitzer so spannend. „Auf TikTok kann alles funktionieren“, erklärte sie. Von Low-Fi Rock bis zu Seemannsliedern gab es schon jeden Trend auf der Plattform. Wenn etwas populär wird, fühlt es sich für sie an, „als habe man im Lotto gewonnen“.

@thetrills Reply to @amoo4488 You asked for a sea shanty… and the boys delivered! 🔥🏴‍☠️ #seashanty #acapella #wellerman #fyp #theboys ♬ The Trills Wellerman – The Trills

Kritik von Künstler*innen

Die amerikanische Popsängerin Halsey fand indes keine positive Worte für die Beziehung zwischen Musiklabels und TikTok. Deshalb griff die 27-Jährige zu ihrem Handy und meldete sich zu Wort. „Es gibt einen Song, den ich so bald wie möglich veröffentlichen möchte, aber mein Label lässt mich nicht.“ Das Label würde den Song erst veröffentlichen, wenn ein viraler Moment auf TikTok „gefaked“ wird.

@halseyI’m tired♬ original sound – Halsey

Halsey

Mittlerweile konnte sich Halsey aber mit ihrem Label einigen und veröffentlichte den Song  „So Good“. Ganz regulär, ganz ohne inszenierten Hype. Auch die Kritik nahm sie zurück. „Capitol Records hat mir nur gesagt, dass ich TikToks posten soll, aber nicht worüber“, erklärte sie.

Gefahren der App

TikTok wurde 2016 in Peking erstellt und hatte im darauffolgenden Jahr bereits 100 Millionen User. Mit dem Erfolg kam auch die Kritik. Der App wurde vorgeworfen nicht genug Jugend- und Datenschutz für die junge Zielgruppe zu bieten. Doch weder Sicherheitsbedenken noch Zensurvorwürfe konnten den Erfolg eindämmen. Im Oktober 2020 kam TikTok auf mehr 2 Milliarde Downloads.

Axelle/Bauer-Griffin FilmMagic
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