David Bowie

A New Career In A New Town 1977–1982

Die Alben von „Low“ bis „Scary Monsters“ in einer Box mit Raritäten und Remixes, leider ohne nennenswerte Outtakes

Punk? Mit Industrial und Ambient beantwortete David Bowie den Trend des Jahres 1976. Wie „Low“ klingen Jules Vernes’ Fantasiemobile: stets am Dampfen, nie am Abheben, sondern ewig am Aufladen. „Don’t you wonder sometimes about sound and vision?“, fragte der Sänger inmitten der Dampfmaschinen. Und das schwarz wabernde „Warszawa“ skizzierte ein Bild Polens hinter dem Eisernen Vorhang, wo Schornsteine in vergifteten Wäldern stehen.

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Das Boxset „A New Career In A New Town“ würdigt vor allem die sogenannte Berlin-Trilogie, also die Alben „Low“, „Heroes“ und „Lodger“, auf elf CDs beziehungsweise 13 Vinyl-Alben. „Heroes“, als einziges wirklich in Berlin aufgenommen, ist wie ein Upgrade von „Low“ – nicht besser, eher opulenter. Ein überfälliger Verweis auf Kraftwerk („V‑2 Schneider“), Stummfilm-Hollywood („The Secret Life Of Arabia“) und der Titelsong: Bowies Text über das von Soldaten eingekreiste Liebespaar „standing by the wall“ vereint sich mit Robert Fripps kometenhaft schweifender Gitarre zur Hymne. Die Anführungsstriche von „Heroes“ markieren den unmöglichen Traum des kleinen Mannes. Aber alles hieran war, und alles hieran ist groß.

„Lodger“ ist im von Produzent Tony Visconti lange angekündigten Remix die Überraschung. Nicht gelungener als das Original, aber eine echte Alternative. Bowie wühlt sich im Reisebericht nun nicht mehr durch türkische Märkte oder die Savanne Afrikas. Er betrachtet, mit Hall, Echo und Wärme, die „Fantastic Voyage“ wie vom Himmel aus. Es verleiht dem Werk neuen Sinn.

https://www.youtube.com/watch?v=Tgcc5V9Hu3g

Auch die zweite Reihe ist gut bestückt. Auf der Live-Platte „Stage“ übertreffen Stücke wie „Stay“ in ihrem Druck die Studioversionen. Oder „Scary Monsters“, mit seiner Mischung aus Geschichtsbewusstsein („Ashes To Ashes“ verabschiedet Major Tom) und Vorausschau („Fashion“ als Wink in Richtung New Wave). Die Raritäten auf „Re:Call 3“ dokumentieren einige von Bowies waghalsigsten Ideen. Er veröffentlichte kein Album, sprang 1981/82 von Single zu Single, nahm mit Bing Crosby („Little Drummer Boy“), Queen („Under Pressure“), Giorgio Moroder („Cat People“) auf und vertonte Brecht („Baal“).

Nur der Verzicht auf Outtakes ist nicht nachvollziehbar. Wie in den zwei vorangegangenen Retrospektiven (1969–1976) fehlen Stücke, die bereits auf vorherigen Reissues veröffentlicht wurden. Sie sind wichtiger als etwa die hier enthaltene australische Singlefassung von „Breaking Glass“. (Warner)