Hildegard Knef
„Musik aus einem Leben“
Warner (VÖ: 28.3.)
Zum 100. Geburtstag: Die Essenz der großen Sängerin.
Kein Text über Hildegard Knef darf ohne Ella Fitzgeralds Aperçu sein, dass sie die beste Sängerin ohne Stimme sei. Dabei hatte sie eine unverwechselbare Sprechstimme mit berlinerischem Zungenschlag, die sich den Chansons und Couplets anverwandelte, die von den besten Komponisten und Autoren für sie geschrieben wurden. Und die Knef konnte selbst schreiben wie eine Teufelin. Sie war schon eine Schauspiellegende, als sie eine fantastische Gesangskarriere begann. Ihr Debüt hatte sie 1946 in „Die Mörder sind unter uns“, notorisch wurde ihr Auftritt in „Die Sünderin“. Neben Gregory Peck war sie 1952 in „Schnee auf dem Kilimandscharo“, einer schwülstigen Hemingway-Adaption. In Cole Porters „Silk Stockings“ trat sie 1955 am Broadway auf. Zu Hause war man beeindruckt.
Sie war die beste Stimme ohne Sängerin
Seit den 60er-Jahren nahm die Knef wunderbare Platten auf, von denen „Knef“ (1970) die berühmteste ist. „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ wurde ihr Mottosong der späten Jahre, aber „Von nun an ging’s bergab“, „Eins und eins, das macht zwei“, „Aber schön war es doch“ und „17 Millimeter“ sind ebenso berückend. Die Knef beherrschte Orchesterklang, Lounge-Jazz, Chanson und Dämmerballaden. Sie wurde wieder und wieder entdeckt.
„Musik aus einem Leben“ ist eine Anthologie mit 43 Songs, die zum 100. Geburtstag der Unvergleichlichen erscheint. Man findet hier lauter Preziosen wie „In dieser Stadt“, „Ich zieh mich an und langsam aus“, „Ich möchte am Montag mal Sonntag haben“ und „Der Mond hatte frei“. Und, bester Songtitel, „Er hieß nicht von Oertzen“. Die Stimme, der Ton, der Stil von Hildegard Knef sind in jedem dieser Songs. Sie war die beste Stimme ohne Sängerin.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 4/25.