Olivia Dean
„The Art Of Loving“ – Beachtlich
Capitol/Universal (VÖ: 26.9.)
Seelenvoller, radiotauglicher Pop von der angesagten Britin.
Das Label „Neo-Soul“ klebt ja auf den Platten sehr unterschiedlicher Künstler, egal ob sie traditionell arbeiten, wie beispielsweise Lee Fields und Lady Wray, oder ihr Spektrum erweitern, wie es Sault und Leon Bridges tun. Ein faules Label, denn so „neu“ ist manches gar nicht und so „soulful“ anderes wiederum auch nicht. Olivia Dean hat allerdings beides drauf: Sie klingt nach zeitgenössischem R&B („Baby Steps“) und nach sanft modernisiertem klassischen Soul („Close Up“, mit schönem Stolper-Beat). Aber auch einfach mal wie eine breezy Songwriterin, die auf einer Yacht segelt („So Easy“), oder eine Balladeer, von Streichern umflort („Loud“).
Seelenvoller Songwriter-Pop, ausgesprochen radiofreundlich
Die 26-jährige Sängerin aus London kann was. Vor acht Jahren hatte Dean ein kurzes Gastspiel bei dem Electro-Act Rudimental, bevor sie eigene Songs aufnahm und vor zwei Jahren mit ihrem Debütalbum, „Messy“,steil ging. Hier nun bewegt sie sich auf einem (etwas zu) sicheren Terrain, das mit „Soul-Pop“ besser beschrieben ist als mit „Neo-Soul“. Auf diesem glatten Terrain legt sie allerdings einen beachtlichen Spagat hin, der von Sharon Jones bis Arlo Parks reicht und nie in die Adele-Falle tappt, nie übertourt, nie die Stimme zu sehr ausstellt.
Der Song, der stellvertretend für all das steht, heißt „Nice To Each Other“ und groovt so nett, wie er heißt, dabei ist er gar nicht nur nett. Denn Dean singt davon, dass sie der Liebesklischees müde ist: „’Cause you know, I’ve done all the classic stuff/ And it never works, you know it/ So, can we say we’ll never say the classic stuff?/ Just show it.“ Und schließlich, im letzten Track, klingt Dean wie Bill Withers’ kleine Schwester („I’ve Seen It“ ist unverschämt nah an „Just The Two Of Us“). Was den Charme von „The Art Of Loving“ ganz gut in einer Nussschale erfasst: Seelenvoller Songwriter-Pop, ausgesprochen radiofreundlich.
Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 10/2025.