Robert Redford war die Verkörperung eines Filmstars

Robert Redford war Hollywoodstar, Regisseur und Aktivist – sein Vermächtnis umfasst Kino, Politik und das „Sundance Film Festival“.

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Er war Hollywoods Goldjunge und das „Sundance Kid“, das fehlende Bindeglied zwischen „The Twilight Zone“ (sehen Sie den hellhaarigen 25-Jährigen als Prinz der Finsternis) und dem „Marvel Cinematic Universe“. Ein Schauspieler, der zum Regisseur wurde und dabei half, dass Stars wie Scarlett Johansson oder Brad Pitt zu bekannten Namen wurden. Ein Festivalgründer, der ganzen Generationen von Filmemachern eine Stimme gab und die Hauptplattform für das amerikanische Independent-Kino schuf. Dazu ein Aktivist, der sich für Umweltschutz einsetzte, lange bevor es modern wurde. Ein Prominenter, der politische Positionen bezog, bevor es erwartet oder kritisiert wurde. Ein unermüdlicher Fürsprecher für Benachteiligte, ein lebenslanger Skifahrer und, wie er mir beim letzten Interview sagte, ein Liebhaber von gutem Tequila.

Frühe Jahre und erste Rollen

Für die meisten jedoch war Robert Redford, der heute im Alter von 89 Jahren starb, schlicht die Definition eines Filmstars. Man erwartet fast, dass neben dem Lexikon-Eintrag für den Begriff ein Bild aus „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ steht: sein schiefgelegter Kopf, die leuchtend blauen Augen, das blonde Haar unter dem schwarzen Cowboyhut. Von den späten 1960er- bis in die frühen 1980er-Jahre, als er begann, seine Zeit zwischen Schauspiel und Regie aufzuteilen, war Redford nicht nur ein außergewöhnlicher Leading Man und Kassengarant. Er war das Kino – in all seiner eskapistischen und erhebenden Pracht.

Der gebürtige Kalifornier, der lange Utah seine Heimat nannte, wuchs in Los Angeles auf und bezeichnete sich selbst als „jugendlichen Delinquenten“. Mit einem Baseball-Stipendium ging er nach Colorado, wurde jedoch verwiesen, reiste durch Europa und landete schließlich in Brooklyn, um Malerei zu studieren. An der American Academy of Dramatic Arts wechselte er zum Schauspiel und ergatterte bald Theaterrollen sowie erste Fernsehparts in „Route 66“ oder „Alfred Hitchcock Presents“.

Oft sprach Redford später davon, dass er sich anfangs gegen die „ernsten“ Schauspieler jener Zeit wie Montgomery Clift oder Marlon Brando unterlegen fühlte. Doch schon damals entwickelte er eine Präsenz – man schaute ihm zu, selbst wenn er nur im Hintergrund stand. Als er schließlich neben Brando in Arthur Penns Südstaaten-Melodram „The Chase“ (1966) auftrat, hielt der frühere Delinquent aus Santa Monica problemlos mit.

Aufstieg zum Superstar

Redfords Erfahrung ließ ihn seinen glatten Figuren stets eine Prise Bodenständigkeit geben. Und dieses Gesicht – ein adonisähnliches Profil, das die Grenze zwischen schön und fast zu schön überschritt – wusste er geschickt einzusetzen: ob in „Inside Daisy Clover“, „Downhill Racer“, „The Candidate“ oder „The Sting“.

Die Anekdote um „The Graduate“ ist legendär: Mike Nichols, der ihn zuvor in „Barefoot in the Park“ besetzt hatte, sagte ihm ab. „Wann bist du das letzte Mal bei einer Frau abgeblitzt?“, fragte Nichols. Redford verstand die Frage nicht – Punkt bewiesen.

Die goldene Ära der 1970er

Er kombinierte gutes Aussehen, Athletenstatur und moralische Integrität zu einer Leinwandpräsenz, die Publikum wie Kamera gleichermaßen liebten. In „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ (1969) und „The Sting“ (1973) bildete er mit Paul Newman eines der bekanntesten Leinwandduos der Filmgeschichte.

Es folgten Rollen wie der Idealist in „The Candidate“ (1972), der begehrte Liebhaber in „The Way We Were“ (1973), der Analyst im CIA-Thriller „Three Days of the Condor“ (1975), Bob Woodward in „All the President’s Men“ (1976) oder der Tierschutz-Rodeostar in „The Electric Horseman“ (1979). Redford verlieh auch politischen und journalistischen Stoffen Charme und Sex-Appeal.

Aktivismus und Regiedebüt

Sein Engagement reichte weit über Hollywood hinaus. Schon 1976 stellte er sich gegen ein Kohlekraftwerk in Utah. Er unterstützte Kandidaten und Themen, als dies für Schauspieler noch riskant war.

Mit „Ordinary People“ (1980) legte er ein starkes Regiedebüt hin, das den Oscar für den besten Film gewann. Danach drehte er sozial engagierte Werke wie „The Milagro Beanfield War“ (1988), „A River Runs Through It“ (1992), „Quiz Show“ (1994), „Lions for Lambs“ (2007) oder „The Conspirator“ (2010). Parallel blieb er Schauspielstar in Filmen wie „The Natural“ (1984), „Out of Africa“ (1985) und „Indecent Proposal“ (1993).

Sundance – ein Vermächtnis

1981 half er, das Utah/U.S. Film Festival nach Park City zu verlegen und machte daraus das „Sundance Film Festival“. Zusammen mit dem „Sundance Institute“ wurde es zur wichtigsten Plattform für amerikanisches Independent-Kino. Quentin Tarantino, Paul Thomas Anderson, Taika Waititi, Richard Linklater, Lulu Wang, Ryan Coogler und viele andere fanden hier ihre Basis. Redford war oft vor Ort, führte ein oder zwei Filme ein oder mischte sich einfach unters Publikum.

Abschied von einer Legende

Doch vor allem bleibt Redford der Star, der Herzen zum Schmelzen brachte, der mit Butch von der Klippe sprang („Ich kann nicht schwimmen!“) und der uns glauben ließ, dass es noch gute Menschen gibt. Ob jung, in seiner Blüte oder als älterer Gentleman – Redford strahlte immer Würde aus.

Seine letzte große Rolle in David Lowerys „The Old Man and the Gun“ (2018) fasst alles zusammen: ein alternder Gangster, ein Gespräch mit Sissy Spacek – und ein ganzes Leben in einem Blick. Robert Redford war einzigartig.

David Fear schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil