Trump verschärft militärische Durchgriffe – und es wird noch schlimmer

L.A. und Washington, D.C. sind erst der Anfang: Das Team des Präsidenten plant, Bundeskräfte auch in weiteren demokratisch regierten Hochburgen einzusetzen

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US-Präsident Donald Trump hat seine militärische Kampagne im eigenen Land ausgeweitet und am Montag angekündigt, bewaffnete Truppen in die Hauptstadt Washington, D.C., zu entsenden, um die Stadt zu „befreien“.

Weitere Städte im Visier

Die Operation in Washington, gestartet zwei Monate nach Beginn des harten Vorgehens in Los Angeles, erweitert eine innenpolitische Kampagne im Polizeistaat-Stil. Hochrangige Regierungsmitarbeiter beschreiben sie gegenüber ROLLING STONE als „Schock und Ehrfurcht“-Machtprobe. Eine Anspielung auf den Irakkrieg, den Trump vorgibt abzulehnen.

Und es wird noch schlimmer. Der Präsident und seine Spitzenbeamten betonen öffentlich, dass D.C. und L.A. nicht das Ende seien. Andere militärische Optionen stünden bereit. Fakten, Gesetze und Daten spielen dabei keine Rolle. Trump und sein Team glauben, er könne jederzeit tun, was er wolle. Auch das US-Militär zu innenpolitischen Zwecken einsetzen und Gegner einschüchtern. Hinter den Kulissen werden bereits konkrete Pläne dafür ausgearbeitet.

„Machen Sie sich keine Illusionen. Das ist erst der Anfang“, sagte Jeanine Pirro, US-Staatsanwältin für den District of Columbia und treue Trump-Anhängerin, am Montagabend. Sie war von Trump gezielt eingesetzt worden, um „Schädel einzuschlagen“.

Bei einer Pressekonferenz am Montag kündigte Trump an, die Bundesregierung habe die „direkte“ Kontrolle über die Polizei von D.C. übernommen. Die Nationalgarde werde bald die Stadt besetzen. Falls nötig, werde er auch andere demokratisch regierte Städte wie Chicago, Oakland und Baltimore mit Truppen belegen. Der demokratische Gouverneur von Illinois, J.B. Pritzker, verglich Trumps Vorgehen laut „Chicago Tribune“ mit den Nazis, die die Weimarer Republik zerstörten.

Lektionen aus der ersten Amtszeit

Trump träumt seit Langem davon, das Militär auf amerikanischem Boden für seine politische Agenda einzusetzen. Die Einsätze in D.C. und L.A. sind entscheidende Schritte seiner zunehmend autoritären Regierung, um Gegner in demokratischen Regionen zu bestrafen, seine harte Einwanderungspolitik durchzusetzen und Obdachlose zu vertreiben. Am Montag kündigte er an, Bundeskräfte würden „Obdachlosenlager aus allen unseren Parks entfernen“. Und es werde nicht erlaubt, „unsere Hauptstadt in eine Müllhalde für die Welt zu verwandeln“.

Eines von Trumps größten Bedauern aus seiner ersten Amtszeit, so aktuelle und ehemalige Berater, sei, dass er 2020 nicht härter gegen die damaligen Proteste vorgegangen sei. Damals, während Pandemie und landesweiten Protesten für Rassengerechtigkeit, habe er sogar erwogen, Black-Lives-Matter-Demonstranten in der Nähe des Weißen Hauses erschießen zu lassen. Was sein damaliger Verteidigungsminister ablehnte.

ROLLING STONE berichtete im Oktober 2024, dass Trump und sein Team schon lange eine Übernahme der D.C.-Polizei planten – unabhängig von der tatsächlichen Sicherheitslage. Diese Planungen betreffen auch andere Städte.

In den letzten Monaten haben Regierungsmitarbeiter und Juristen detaillierte Optionen erarbeitet, um Trumps Militarisierung in weiteren demokratischen Hochburgen zu wiederholen. In D.C. sind Nationalgardisten bereits im Einsatz. Trump habe laut zwei Quellen privat geäußert, er werde jederzeit mehr Truppen entsenden, falls er Proteste als zu groß oder gefährlich einschätze – wie schon zuvor in Los Angeles.

Umgehung gesetzlicher Grenzen

Trump beklagt seit Langem, dass die Nationalgarde nicht für alle Arten innerstaatlicher Polizeiarbeit eingesetzt werden darf. Das Posse-Comitatus-Gesetz verbietet den Einsatz des Militärs in der inneren Strafverfolgung – doch die Regierung prüft aktiv Umgehungswege. „Es gibt Dinge, die früher so gemacht wurden, aber das muss nicht so bleiben“, sagte ein hoher Regierungsbeamter.

Ziel ist es, diese militärischen Einsätze – auch in ruhigen Zeiten – zu einem festen Bestandteil der US-Politik zu machen. Trump sieht darin ein legitimes Instrument, wie es eher in autoritären Staaten üblich ist. Mit loyalen Gefolgsleuten in Schlüsselpositionen will er diese Strategie ausweiten. „Er wird das häufiger tun“, sagte ein weiterer Beamter.

Rechtfertigung und Realität

Offiziell begründet die Regierung den Einsatz in D.C. mit angeblich eskalierender Obdachlosigkeit und Gewaltkriminalität – zuletzt nach einem Angriff auf einen Regierungsmitarbeiter. Öffentliche Daten zeigen jedoch, dass die Gewaltkriminalität in der Hauptstadt deutlich zurückgegangen ist. Die Stadtregierung hatte keine Hilfe von Trump angefordert, die meisten Einwohner lehnen ihn ab.

Es gäbe durchaus wirksame Wege, Obdachlosen und Bewohnern ärmerer, kriminell belasteter Viertel zu helfen – doch die Regierung ist daran nicht interessiert. Auf die Frage nach Ursachenbekämpfung entgegnete Pirro am Dienstag, sie kümmere sich nicht darum, „warum sie Verbrechen begehen“, sondern nur um Bestrafung.

Stattdessen geht es um eine „Schock und Ehrfurcht“-Inszenierung für die Kameras. Trump soll regelmäßig verfolgen, wie seine Militäreinsätze im Fernsehen dargestellt werden – vor allem bei Fox News. Rechte Medien und Politiker unterstützen die Darstellung, D.C. sei ein gefährlicher Ort, der militärisches Eingreifen erfordere.

Die Republikanische Partei erklärte am Montag in einer Rundmail: „Präsident Trump rettet unsere Hauptstadt, nachdem die Demokraten sie in ein Höllenloch verwandelt haben.“

Macht statt Sicherheit

Die Rhetorik einer „Kriminalitäts-Notlage“ wirkt unglaubwürdig, da die Kriminalität sinkt. Zudem hat Trump hunderte Anhänger vom 6. Januar 2021 begnadigt – auch Gewalttäter gegen Polizisten.

Es geht nicht um Verbrechensbekämpfung – sondern um Macht. Anders als in seiner ersten Amtszeit hat Trump nun ein Team, das bereit ist, das Militär rücksichtslos einzusetzen, um diese Macht zu sichern.