„Won’t Get Fooled Again“ von The Who: Fünf Drummer – ein Solo

Wie fünf Schlagzeuger einen der berühmtesten Parts im Katalog von The Who meisterten.

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Ein neues Kapitel in der Geschichte von The Who begann Anfang dieses Monats mit dem Start der „Song Is Over“-Abschiedstournee in Italien. Das Konzert markierte nicht nur den Beginn der angeblich letzten Tournee der Band, sondern auch die Premiere des neuen Schlagzeugers Scott Devours. Er übernahm die Rolle von Zak Starkey nach einem bizarren und öffentlich ausgetragenen Streit – und fand sich damit in einer ziemlich unangenehmen Lage wieder.

„Es ist wirklich ein seltsamer Widerspruch der Gefühle, dass der größte Moment meiner beruflichen Laufbahn zugleich mit Traurigkeit behaftet ist und im Schatten des Verlustes eines anderen steht“, schrieb Devours im Mai in einer Botschaft an die Fans. „Es ist schwer in Worte zu fassen, aber ich weiß, dass es da ist und dass es real ist.“

„Ich spüre jedes Gramm Verantwortung“

Er fuhr fort: „In meiner Welt gibt es keine größeren Fußstapfen zu füllen als die hinter Pete und Roger. Das Gewicht dieser Verantwortung ist enorm, und ich spüre jedes Gramm davon. Was ich allen Fans sagen möchte: Ich werde alles tun, um das Vermächtnis von The Who, von Zak, Kenney Jones, Simon Phillips und dem großen Keith Moon zu ehren.“

Ein großer Teil dieser Verantwortung besteht darin, Parts zu spielen, die größtenteils von Moon selbst geschaffen wurden – eine gewaltige Aufgabe für jeden Drummer. Der berühmteste Schlagzeugmoment des Abends kommt gegen Ende der Show, wenn „Won’t Get Fooled Again“ ertönt. Hier werfen wir einen Blick darauf, wie die fünf wichtigsten Drummer der Who dieses Solo über die Jahre gemeistert haben – inklusive Kommentar zu Roger Daltreys urwüchsigem Schrei danach. (Und ja, wir wissen, dass es technisch gesehen kein reines Drumsolo ist, da es von einem Orgelpart begleitet wird.)

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Keith Moon – 25. Mai 1978, Shepperton Studios in Surrey, England

Nur vier Monate vor Moons Tod trafen sich The Who in den Shepperton Studios in England, um ein kurzes Set für Regisseur Jeff Stein zu spielen. Stein arbeitete an einer Dokumentation über die Geschichte der Band, The Kids Are Alright, und fand, dass es keine adäquaten Versionen von „Baba O’Riley“ und „Won’t Get Fooled Again“ in den Archiven gab. Moon war zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich angeschlagen und bereits außer Atem, als sie „My Generation“ beendet hatten – doch Stein flehte sie an, „Won’t Get Fooled Again“ ein weiteres Mal zu spielen. Die Aufnahmen, die dabei entstanden, sind die letzten, die es von Moon mit The Who gibt.

Es erscheint unfair, Moon nach seiner allerletzten Performance zu beurteilen, und es gibt definitiv bessere Liveversionen des Songs aus seinen jüngeren Jahren – aber er ging noch einmal in sich und lieferte das Solo größtenteils souverän ab. Ein großartiger Schwanengesang. 2+

Der Schrei: Nahezu perfekt. Daltrey in urzeitlicher Bestform. 1-

Der Übergang in die 1980er: Kenney Jones und Simon Phillips

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Kenney Jones – 17. Dezember 1982, Maple Leaf Gardens in Toronto, Kanada

The Who hätten sich wie Led Zeppelin nach Moons Tod auflösen können – doch sie machten weiter, mit dem Small-Faces/Faces-Schlagzeuger Kenney Jones, nur wenige Monate nach Moons Ableben. Das neue Line-up veröffentlichte ein zu Unrecht gescholtenes Album (Face Dances, 1981) und ein zurecht gescholtenes (It’s Hard, 1982) – und verabschiedete sich dann mit einer großen Farewell-Tour. (Ja, 43 Jahre später haben sie gerade eine weitere Abschiedstour gestartet. Sie sind damit bei Weitem nicht allein.)

Die Tour endete in den Maple Leaf Gardens in Toronto mit einer Show, die weltweit im Pay-Per-View übertragen wurde. Das Hauptset schloss mit „Won’t Get Fooled Again“. Zwar sieht man nicht, was Jones während des Drumsolos macht, weil Vintage-Bilder der Band eingeblendet werden – aber man hört, dass er Moons Originalpart so gut wie möglich nachzuspielen versucht. Es fehlt an Kraft und Finesse im Vergleich zur Studioaufnahme – aber von jemandem zu erwarten, wie Keith Moon 1971 zu klingen, ist ohnehin unfair. 2-

Der Schrei: Etwas dünn und gegen Ende leicht wacklig. 2-

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Simon Phillips – 24. August 1989, Universal Amphitheater in Los Angeles, Kalifornien

In gewissem Maße haben The Who Power Pop, Arena Rock, Punk und sogar Progressive Rock vorgeprägt – und auch das Prinzip der Rückkehr nach einer Farewell-Tour. 1989 kehrten sie zum 20. Jubiläum von Tommy zurück (und verdienten kräftig dabei), trennten sich von Jones und holten den Session-Drummer Simon Phillips. Daltrey war mit Jones nie ganz zufrieden gewesen, Townshend liebte Phillips für seine Soloarbeiten.

Als die Tour Los Angeles erreichte, kamen Gäste wie Steve Winwood, Patti LaBelle, Billy Idol, Phil Collins und Elton John für ein komplettes Tommy-Set. Im zweiten Teil des Konzerts kamen die Hits – darunter „Won’t Get Fooled Again“. Phillips beschleunigte das Solo und fügte eigene Finessen hinzu. Das funktionierte größtenteils gut – und er bekommt Pluspunkte dafür, dass er nicht einfach Moons Part kopierte. 2

Der Schrei: Kraftvoll, aber fast ruiniert durch die überflüssige Bläsersektion. The Who kamen früher mit vier Mann aus – eine 15-köpfige Band war Wahnsinn. 2-

Starkey & Devours: Vergangenheit, Gegenwart – und Zukunft?

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Zak Starkey – 20. Oktober 2001, Madison Square Garden, New York City

Phillips war mit Toto ausgelastet, als The Who 1996 für eine Quadrophenia-Tour zurückkehrten. Daltrey hatte zuvor mit Zak Starkey, dem Sohn von Ringo Starr, getourt – und dieser fügte sich nahtlos ins Line-up ein. Starkey wuchs mit der Musik der Who auf, lernte mit Moon das Schlagzeugspielen und kannte jeden Takt der Songs. Die perfekte Frischzellenkur für eine alternde Band.

2001 legten sie eine Pause ein, kamen aber für ein Konzert zu Ehren der 9/11-Helden im Madison Square Garden zurück. Neben ihnen traten David Bowie, Elton John, Billy Joel, Mick Jagger & Keith Richards sowie Paul McCartney auf. Dennoch waren The Who der unumstrittene Höhepunkt. Starkeys Drumsolo in „Won’t Get Fooled Again“ war majestätisch – das beste seit den Siebzigern. 1-

Der Schrei: Daltrey klingt etwas heiser und vergisst leider die ikonische Zeile „Meet the new boss/Same as the old boss“. Ein essenzielles Element des Finales. 2-

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Scott Devours – 20. Juli 2025, Anfiteatro Camerini, Piazzola sul Brenta, Italien

Große Rockbands können sich würdevoll von langjährigen Drummern trennen – siehe Pearl Jam oder Iron Maiden. Leider war das bei The Who mit Starkey eher wie ein Pflaster, das man einem schreienden Kind langsam abzieht, wieder aufklebt und erneut abzieht. Warum er dieses Jahr gefeuert, zurückgeholt und erneut entlassen wurde, bleibt wohl ein Rätsel. Fakt ist: Nun ist Devours, bekannt aus Daltreys Soloband, an der Reihe.

Devours sprang 2013 schon mal kurz für den verletzten Starkey ein. Sein offizielles Debüt gab er nun zum Start der „Song Is Over“-Abschiedstour. Der Abend endete mit „Won’t Get Fooled Again“, obwohl eigentlich „The Song Is Over“ auf dem Setlist stand – aber es war drückend heiß, Daltrey hatte Krämpfe. Devours hatte gewaltigen Druck – doch er lieferte ein kraftvolles Drumsolo im Originaltempo ab. Starkey wird immer einen besonderen Platz behalten, aber das war eindrucksvoll. 2+

Der Schrei: Wild und offensichtlich schmerzhaft für Daltrey. Er hat in letzter Zeit oft gesagt, dass er diesen Song hasst – besonders den Schrei. Aber: Respekt, dass er es selbst macht und nicht einem Backgroundsänger überlässt. 2+

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Andy Greene schreibt für den ROLLING STONE USA. Hier geht es zum US-Profil