Trump versucht verzweifelt, sich mit Bomben und Shitposts zum Frieden durchzuwursteln
Der Präsident will einen Friedensnobelpreis. Und den Iran bombardieren. Und einen Waffenstillstand zwischen Israel und Iran. Und ein Atomabkommen. Und einen Regimewechsel, auch?
Als er seine Angriffe auf den Iran begann, machte US-Präsident Donald Trump deutlich, dass seinem ersten Bombenangriff eine unglaubliche Zerstörung folgen würde, sollte die Regierung in Teheran ihn zu sehr verärgern. Doch nachdem er dem Krieg eine Chance gegeben hatte, machte er ebenso klar, dass er „Frieden“ für alle beteiligten Nationen wolle. Dann spielte er mit dem Gedanken eines „Regimewechsel“-Krieges. Dann verkündete er einen angeblichen Waffenstillstand. Doch dann war er sehr wütend im Internet. Weil sich niemand an seine beleidigten Waffenstillstandsforderungen hielt. Dann wurde er wieder sehr wütend online. Und dann… wer zum Teufel weiß das schon? Selbst hochrangige Mitglieder seiner eigenen Regierung scheinen manchmal nicht zu wissen, was sie von diesem Trump’schen Blitzkrieg aus Krieg und vermeintlichem Frieden halten sollen.
Trump bombt und tweetet Richtung Friedenspreis
Eines ist sicher. Trump möchte, dass man ihm glaubt, er könne sich mit Shitposts, Einschüchterungen und sogar Bomben den Weg zu dauerhaftem, beständigem Frieden bahnen.
Seit Jahren will Trump den Friedensnobelpreis gewinnen. Und sowohl innerhalb als auch außerhalb des Amtes bringt er dieses schwer fassbare Ehrenzeichen regelmäßig zur Sprache, sagen ihm nahestehende Personen. Allerdings muss man sich nicht allein auf deren Aussagen verlassen. Denn der Präsident beschwert sich regelmäßig öffentlich und im Internet darüber, dass er keinen Friedensnobelpreis bekommen hat. Den er in seinem Büro aufhängen könnte.
Ein Grund dafür ist, dass Trump trotz seiner anti-neokonservativen Rhetorik in beiden Amtszeiten eine deutlich kriegsfreundliche Bilanz entwickelt hat. Mit der entsprechenden Opferzahl. Sein Krieg gegen den Iran ist nur das jüngste Beispiel dieser langen Liste.
Ein Friedenspreisträger mit Bombenbilanz
Bis heute ist Trump laut einer Quelle, die kürzlich mit ihm in dieser Präsidentschaft darüber gesprochen hat, sichtlich verärgert, wenn das Thema in privaten Gesprächen zur Sprache kommt. Er beklagt, dass er wohl „die ganze Welt retten“ müsse, um den Preis in dieser Amtszeit zu gewinnen. Aber selbst das, glaubt er, könnte nicht reichen, um das norwegische Komitee angesichts einer angeblichen Anti-Trump-Voreingenommenheit zu überzeugen.
Doch selbst innerhalb von Trumps zweiter Regierung – die er mit Ja-Sagern, Ja-Sagerinnen und gierigen MAGA-Anhängern vollgestopft hat – gibt es eine gewisse Verletztheit über Trumps Angriffe auf Irans Atomanlagen am Wochenende. Auch wenn niemand erwartet, dass diese Enttäuschung zu Rücktritten oder irgendetwas Nützlichem führt. Außer zu anonymem Dampfablassen gegenüber Journalisten.
Vizepräsident J.D. Vance, ein früherer Trump-Kritiker, hat wiederholt gesagt, dass ihn Trumps angebliches Engagement für ein Ende der „endlosen Kriege“ und seine Abkehr vom alten militaristischen Establishment der Republikaner zu ihm gezogen habe. Trumps großes Gerede davon, der „Friedenskandidat“ zu sein, war natürlich immer ein gigantischer Schwindel. Und Vance bleibt trotzdem ein treuer Trump-Getreuer, der den Krieg seines Chefs voll unterstützt.
Ein still genervter Trump-Beauftragter sagte gegenüber ROLLING STONE, dass die planlose Iran-Bombenpolitik des Präsidenten die Art von „Kriegshetzer-Scheiße“ sei, gegen die man eigentlich sein sollte. Aber im Verlauf der Woche sagte dieselbe Quelle: „Zumindest ist er ein fauler Kriegshetzer.“
Ein launischer Präsident mit Bunkerbrechern
Trump ließ am Samstagabend Bunkerbrecher-Bomben auf Irans Atomanlagen abwerfen. Und sprach am Sonntag offen über einen möglichen „Regimewechsel“ in Teheran. Am Montagabend verkündete der Präsident einen Waffenstillstand zwischen Israel und Iran. Er forderte erneut Frieden in der Region. Als Iran und Israel am Dienstagmorgen weiterhin Angriffe austauschten, beschwerte sich Trump gegenüber Reportern, die Länder „wüssten nicht, was zur Hölle sie tun“.
In den Tagen vor Trumps Befehl zum Angriff auf den Iran beschrieb ein anderer Regierungsvertreter mit Kenntnis der militärischen Planung Trumps Iran-Politik so, dass der Präsident sie sich „aus dem Bauch heraus“ zusammenreime. Je nach Stimmungslage oder je nachdem, was gerade auf seinem Lieblingssender laufe. Am Dienstag, als Trump wütend Frieden zwischen Israel und Iran forderte, sagte derselbe Beamte: „Der Präsident postet sich da gerade durch.“
Desinformation à la Bush – in doppelter Geschwindigkeit
In diesem Monat hat die Trump-Regierung effektiv ihre eigene MAGA-Version des jahrelangen Vorlaufs zur Irak-Invasion unter George W. Bush im Zeitraffer durchgezogen. Ebenfalls geprägt von Lügen, aggressiver Propaganda und der Manipulation von Geheimdienstberichten.
Am Wochenende berichtete ROLLING STONE, dass Trumps Entscheidung, den Iran zu bombardieren, nichts mit neuen US-Geheimdienstinformationen über das Atomprogramm der Islamischen Republik zu tun hatte. Entgegen aller Beteuerungen von Präsident und Team. „Es gibt keine Geheimdiensterkenntnisse“, sagte ein Regierungsvertreter unter Zusicherung von Anonymität. „Nichts Neues, soweit ich weiß. Die Bewertungen der Geheimdienste haben sich im Grunde nicht geändert.“
Erfolgsmeldungen vs. Realität
Weißhaussprecherin Anna Kelly behauptete am Sonntag: „Dies ist falsche und faule ‚Berichterstattung‘, die darauf abzielt, Präsident Trumps äußerst erfolgreiche Operation zur Zerschlagung der iranischen Nuklearfähigkeiten zu untergraben.“ Auch Trump behauptete, „Irans zentrale Urananreicherungsanlagen seien vollständig und total zerstört worden“.
Doch ob Trumps Bombenangriffe tatsächlich so erfolgreich waren, wie von der Regierung behauptet, ist völlig offen. Laut CNN ergibt eine erste Einschätzung der US-Geheimdienste, dass Trumps Militärschläge Irans Atomprogramm nicht grundlegend zerstört haben. Und es wahrscheinlich nur um einige Monate zurückgeworfen wurde.
Weißhaus-Pressesprecherin Karoline Leavitt postete wütend auf X: „Diese angebliche ‚Einschätzung‘ ist schlicht falsch. Sie war als ‚streng geheim‘ eingestuft. Wurde aber trotzdem von einem anonymen Versager aus der Geheimdienstgemeinschaft an CNN durchgestochen.“
Eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle sagte ROLLINg STONE, dass der Präsident „lautstark“ unzufrieden mit dem Leak sei. Und bereits eine aggressive Untersuchung eingeleitet worden sei.
Gefragt, was die vergangenen Tage für eine mögliche Trump-Doktrin bedeuteten, sagte ein weiterer Trump-Berater: „Präsident Trump kann dich verdammt noch mal bombardieren, wann immer er will. Wenn jemand dachte, er macht nur Spielchen, sollte jetzt Klarheit herrschen.“
Unklarheit bleibt – auf beiden Seiten
Für die Tauben wie auch die Falken in der US-Regierung herrscht weiterhin völlige Unklarheit, wie Trumps Außenpolitik eigentlich aussehen soll. Für den Moment – da alle Beamten wissen, dass Trumps Ansichten sich im Minutentakt ändern können – atmen einige erleichtert auf, dass nicht buchstäblich der Dritte Weltkrieg ausgebrochen ist.
Auch einige Demokraten tun das.
„Die Anti-Kriegs-Stimmen von links und rechts haben sich durchgesetzt“, sagt Abgeordneter Ro Khanna (D-Kalifornien). „Ich bin froh, dass besonnene Köpfe sich durchgesetzt haben und Trump offenbar entschlossen ist, diesen Krieg zu stoppen.“
Letzte Woche, vor den US-Angriffen auf Irans Atomanlagen, brachte Khanna gemeinsam mit Abgeordnetem Thomas Massie (R-Kentucky) eine Resolution nach dem War Powers Act ein, um Trump daran zu hindern, einseitig einen Krieg gegen den Iran zu beginnen – was er dann trotzdem tat.
„Ich habe [am Montagabend] mit Abgeordnetem Massie gesprochen und wir verfolgen derzeit einen abwartenden Ansatz, ob eine Abstimmung über unsere War Powers Resolution noch notwendig ist“, sagt Khanna. „Iran besitzt laut Vance immer noch nukleares Material zur Bombenherstellung und wird jetzt aus dem [Atomwaffensperrvertrag] austreten und die Inspektoren rauswerfen. Wir brauchen Diplomatie – es sei denn, Amerika plant, alle paar Jahre den Iran zu bombardieren, was ein furchtbares Ergebnis wäre.“