Alice Cooper

„The Revenge Of Alice Cooper“ – Zwinkern unter dem Make-up

Ear Music (CÖ: 25.7.)

Der Schockrock-Pionier reaktiviert seine Original-Band – und macht weiter wie gewohnt: mit Witz und Wumms.

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Vincent Damon Furnier ist ein cleverer Typ, das kann man mal zusammenfassend sagen. Schon früh legte sich der Predigersohn einen Bühnennamen zu – Alice Cooper sollte seine wilde Seite ausleben, zu Hause konnte Furnier dann ein normales Leben führen, eine Familie gründen und Golf spielen. In den 70er-Jahren hat das noch nicht geklappt. Während er theatralischen Hardrock mit Horror-Elementen auf eine neue Stufe hob und etliche unwiderstehliche Hits schrieb („School’s Out“! „Elected“! „No More Mr. Nice Guy“!), wurde er zum Alkoholiker. Doch anders als bei seinem Saufkumpan Jim Morrison ging seine Geschichte gut aus. Alice Cooper überlebte knapp und feierte Mitte der 80er-Jahre, inzwischen trocken, seinen zweiten Frühling. 1989 wurde „Poison“ sein erster Top-Ten-Hit seit 1977.

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Seitdem ist Cooper mehr oder weniger pausenlos unterwegs. Spätestens seit „Wayne’s World“ (1992) wissen wir, dass wir alle unwürdig sind – Alice Cooper ist und bleibt der Meister des „Schockrock“ und gilt damit naturgemäß auch als Pate von Leuten wie Marilyn Manson. Dabei wurde oft übersehen, wie lustig Coopers Songs sind. Unter all dem Make-up war das Augenzwinkern wohl nicht immer zu sehen. (Der wahre Schockrock kam damals eigentlich von den Doors – etwas so Finsteres wie „The End“ haben weder Cooper noch Manson je geschrieben.)

Wenn man unbedingt will, glaubt man den Groove und den grimmigen Wumms der Siebziger zu hören

Jetzt ist der Mann mit der Guillotine und den Schlangen 77 Jahre alt – und was wäre da schöner, als sich noch mal mit den alten Kumpels zusammenzutun? Also kehrt die Alice Cooper Band nach mehr als 50 Jahren zurück. So richtig schockt diese Nachricht nicht. Auf dem Cover steht wieder nur „Alice Cooper“ – wie in den Jahren 1969 bis 1973, als sie sieben gute bis grandiose Alben veröffentlichten. Danach machte Alice Cooper solo weiter, obwohl er natürlich weiterhin Musiker an seiner Seite hatte, nur halt andere. Jetzt also die Originalbesetzung: neben dem Sänger Michael Bruce an der Gitarre, Dennis Dunaway am Bass, Neal Smith am Schlagzeug. Gitarrist Glen Buxton ist 1997 gestorben, hat aber einen letzten Gastauftritt im Song „What Happened To You“.

Wenn man unbedingt will, glaubt man den Groove und den grimmigen Wumms der Siebziger zu hören, aber im Grunde sind die 14 Stücke – größtenteils von Cooper und Bruce geschrieben – klassische (Hard-)Rock-Hymnen mit eingängigen Refrains und auch nicht zu komplizierten Strophen. Von Bob Ezrin wie immer makellos produziert. Allein wie Cooper die ersten Zeilen des Einstieg-Songs „Black Mamba“ zischt – herrlich!  Die dräuende Blues-Gitarre spielt hier Robby Krieger. Mit seiner fiesen Stimme sorgt Alice auch dafür, dass Knaller wie „Up All Night“ nicht peinlich wirken. Er scheint jederzeit über alles erhaben – ob es Fliegen sind („Kill The Flies“), „Crap That Gets In The Way Of Your Dreams“ oder der vermaledeite Tod („See You On The Other Side“). Man muss ihn einfach mögen, diesen alterslosen Showman. „I love to rock but I need to roll/ It ain’t no shock that I won’t grow old.“ In diesem Fall: ein Glück.

Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 8/2025.