Der Erwachsene

Erst auf ihrem letzten Album waren Simon & Garfunkel ganz bei sich und irgendwie auch weit vorn: „Bridge Over Troubled Water“ war sowas wie die Erfindung von Adult Contemporary – Lieder für Popfans jenseits der 30, die in Musik nicht Aufruhr und Rebellion, sondern Unterhaltung und Trost suchten. Auch die Idee, sogenannte Weltmusik, in diesem Fall den andinen Folk der französischen Gruppe Los Incas, in den Pop zu integrieren, war noch relativ neu, auch wenn George Harrison natürlich mit seinen Ausflügen in die indische Musik der wahre Pionier war. „Bridge Over Troubled Water“ zeigte aber auch einen Songwriter, der dem Duo-Format entwachsen war, der persönliche und erzählende Songs schreiben wollte. Die gekränkte Eitelkeit, dass Garfunkel bei Konzerten all den Applaus für den Titelsong einheimste, den Simon für ihn geschrieben hatte, und zudem als Schauspieler kleine Erfolge feierte, gaben dem Duo den Rest. Simons ersten Soloalben hört man die Freude an der neugewonnenen Freiheit an: Dem intimen „Paul Simon“ (1972), dem verspielten „There Goes Rhymin‘ Simon“ und dem slicken Jazz-Pop „Still Crazy After All These Years“, mit dem er an die Erfolge von Simon & Garfunkel anknüpfen konnte (vielleicht auch, weil Art Garfunkel als Gast auf einem der Songs mitsang).

Danach fühlte Simon sich reif für eine neue Herausforderung. Er schrieb ein Drehbuch über einen Folk-Rock-Sänger im Karrieretief: „One-Trick Pony“. Der Film, in dem er auch die Hauptrolle spielte, war ein Flop, und Simon war danach so verunsichert, dass er sich in eine kurze, schmerzhafte Simon-&-Garfunkel-Reunion flüchtete, die 1981 mit einem Konzert im Central Park begann. Es folgte eine Schaffenskrise – writer’s block, Psychotherapie, Hochzeit mit und Trennung von seiner Freundin Carrie Fisher. Mittendrin die grandiose Seelenschau „Hearts And Bones“ (1983), die aber niemand kaufen wollte, weil alle ein neues Simon & Garfunkel-Album erwarteten.

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