Ein Tweet von SPD-Politiker Karl Lauterbach am Donnerstag (24. Juni) eröffnete eine Debatte um das langjährige Leiden von Tina Turner. Die Sängerin hatte 2009 einen Schlaganfall erlitten, erfuhr 2016 von einer schweren Krebserkrankung, die sie bis zu ihrem Tod begleiten sollte, und bekam von ihrem Ehemann Erwin Bach eine Niere gespendet.
Möglicherweise hätte die Krankenakte Turner völlig anders ausgesehen, hätte die Musikerin auf ihren steigenden Blutdruck mit Medikamenten reagiert und nicht mit einer homöopathischen Therapie. Das deutete der Bundesgesundheitsminister mit Bezug auf einen Artikel an, in dem Turner höchstselbst die Folgen ihrer nachwirkenden Entscheidung reflektierte.
Beeindruckende Beschreibung von Tina Turner wie Homöopathie ihre Niere zerstört hat. Die Dialyse kam, weil sie dachte, der Bluthochdruck könnte mit Homöopathie behandelt werden. Schlaganfall und Dialyse folgten. Sie hat danach den Fehler bereut und gewarnt https://t.co/uSxk4ZvWxP
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) May 25, 2023
So schrieb die Sängerin für das European Kidney Forum: „Meine Nieren sind Opfer der Tatsache, dass ich die Tatsache verleugnet habe, dass mein Bluthochdruck einer schulmedizinischen Behandlung bedarf. Ich habe mich selbst in große Gefahr gebracht, indem ich mich weigerte, die Tatsache zu akzeptieren, dass ich für den Rest meines Lebens täglich Medikamente benötigte. Viel zu lange hielt ich meinen Körper für eine unverwundbare und unzerstörbare Bastion.“
Bluthochdruck habe sie bereits 1978 diagnostiziert bekommen, sich aber wenig darum gekümmert, ihn auch mit Hilfe von Tabletten im Griff zu halten. Turner: „Nachdem ich 2009 aufgrund meines schlecht eingestellten Bluthochdrucks einen Schlaganfall erlitten hatte, kämpfte ich darum, wieder auf die Beine zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr ich zum ersten Mal, dass meine Nieren nicht mehr so gut funktionieren. Sie hatten bereits fünfunddreißig Prozent ihrer Funktion verloren. Ich versuchte, mehr über die Funktion und Bedeutung dieser Organe zu erfahren. Die meisten Menschen wissen wahrscheinlich nicht einmal, wo sich ihre Nieren befinden und wofür sie da sind, bis ihre Gesundheit auf dem Spiel steht.“
Bluthochdruck nicht ernst genommen
Tina Turner nahm zwar doch Medikamente ein, verzichtete nach eigenen Angaben dann irgendwann doch auf sie, weil sie ein Leben ohne Abhängigkeit der Tabletten vermisste. Auf Empfehlung konsultierte sie einen Arzt in Frankreich, der sie homöopathisch behandelte und ihr den Rat gab, vor allem viel zu trinken.
„Ich hatte nicht gewusst, dass unkontrollierter Bluthochdruck meine Nierenerkrankung verschlimmern würde und dass ich meine Nieren töten würde, wenn ich die Kontrolle über meinen Blutdruck aufgäbe“, schrieb Turner in dem Artikel. „Ich hätte meine Medikamente niemals durch homöopathische Alternativen ersetzt, wenn ich geahnt hätte, wie viel für mich auf dem Spiel stand. Dank meiner Naivität war ich an einem Punkt angelangt, an dem es um Leben und Tod ging.“
Symptome, die sie auf die Medikamente schob, „wie Müdigkeit, Übelkeit oder gelegentliche Reizbarkeit“, waren tatsächlich Anzeichen ihrer Nierenerkrankung im Endstadium.
Auf Twitter wird nun vor allem darauf hingewiesen, dass Lauterbach den traurigen Tod von Tina Turner dafür instrumentalisiert, eine politische Debatte weiter anzuheizen – nämlich jene, ob homöopathische Heilmethoden nicht mehr von gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden sollte. Ein User, hier stellvertretend für zahlreiche andere, schrieb:
Neuer Höhepunkt von @Karl_Lauterbach
Er instrumentalisiert Tina Turners Ableben am selben Tag der Meldung für sein Bashing gegen die Homöopathie.
Kann man noch tiefer sinken? pic.twitter.com/PybJKurLql
— Godzlila (@Goodzilla_real) May 25, 2023
Viele Twitter-Nutzer bezeichnen Tina Turner deshalb auch als Opfer der Homöopathie.
Leider war auch #TinaTurner ein Opfer der #Homoeopathie.
Es ist immer nur so lange harmlos, wie man notwendige Therapien nicht verschleppt, bis eine irreparable Schädigung vorliegt. pic.twitter.com/xZa3XmcTA2
— ELI (@Elitiker) May 25, 2023
Verfechter homöopathischer Verfahren sehen dies natürlich anders und kritisieren im Netz vor allem, dass der Bundesgesundheitsminister einen komplexen medizinischen Fall aus der Entfernung bewertet und für seine politischen Ziele verwendet.
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