Oscars: Was „Oppenheimer“ mit „Godzilla Minus One“ verbindet

Ohne die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki hätte es die wütende Dino-Echse nicht gegeben.

In einem der hochklassigsten Oscar-Jahrgänge der Geschichte gewann „Oppenheimer“ sieben Oscars, darunter für den „Besten Film“ und die „Beste Regie“. Mit „Godzilla Minus One“ des Regisseurs Takashi Yamazaki erhielt erstmals ein japanischer Film einen Spezialeffekte-Oscar, setzte sich unter anderem gegen „Mission: Impossible 7“ und „Napoleon“ durch. Überhaupt war dies der erste Oscar für einen „Godzilla“-Film.

Seit seinem Kinodebüt „Godzilla“ von 1954 ist die wütend trötende Riesenechse der  bis heute – exakt 70 Jahre nach seiner Erfindung – berühmteste einheimische Kino-Erfolg als auch bedeutendste kulturelle Exportschlager Nippons. Und den es ohne J. Robert Oppenheimer beziehungsweise „Oppenheimer“ nicht geben würde. Die Riesenechse dient als Metapher für die Zerstörungskraft von Atomraketen, ist bis heute in 33 japanischen und fünf amerikanischen Filmen aus den Tiefen des Meeres aufgetaucht und hat die Landschaft verwüstet. Nach den Atombombenabwürfen von „Little Boy“ auf Hiroshima und „Fat Man“ auf Nagasaki antwortete die traumatisierte japanische Gesellschaft also neun Jahre später mit der Erfindung eines Ungeheuers, das eigentlich nur Frieden will.

Aus der furchterregenden Kreatur wurde im Laufe der Jahre ein zuverlässiger, stoisch geradeaus blickender (Godzilla hat einen starren Speckhals) Freund der Menschen im Kampf gegen viel schlimmere Biester. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich seine Duelle gegen Megagorilla King Kong, bei denen die Superviecher sich durch Infrastrukturen schmeißen und durch Zerstörung, tollwütigen Landschaftsplanern gleich, Lebensräume neugestalten. Kong entstammt einer Insel aus dem Indischen Ozean, gilt aber als Amerikaner, weil die ihn 1933 fürs Kino erfanden. Das macht den Zweikampf mit Godzilla zu einem Stellvertreterkampf zweier ehemals befeindeter Nationen. Beeinflusst wurde die Genese Godzillas nicht nur durch die Abwürfe „Little Boys“ und „Fat Mans“, sondern auch durch die Nukleartests der Amerikaner im Bikini-Atoll 1954, denen die Crew diverser japanischer Fischerboote zum Opfer fiel – die Seemänner wurden kontaminiert, einer starb.

Erstaunlich, dass es eines wütend trötenden Popkultur-Monsters brauchte, um den Japanern 1954 unter der Regie Ishirō Hondas ihren ersten Atomic-Hit im Kino zu bescheren. Der mutierte Dinosaurier wurde durch Wasserstoffbombentests in seiner Ruhe am Meeresboden gestört und stapft nun wie entfesselt durchs Terrain.

Das Oscar-Jahr 2024 verband die Beiträge dreier ehemaliger Weltkriegsmächte miteinander: USA, Japan und Deutschland. Neben „Oppenheimer“ und „Godzilla Minus One“ erhielt Jonathan Glazers Film über den Auschwitz-Lagerkommandanten Rudolf Höß den Academy Award für den „Besten Internationalen Film“; ein Werk, das in direkter Verbindung steht zum amerikanischen Manhattan-Projekt um Oppenheimer, dessen Direktive hieß: Baut die Bombe, bevor die Nazis sie haben.

Außerhalb des Kontexts zum Zweiten Weltkrieg wurde Japan auch durch den Oscar-Sieg Hayao Miyazakis für den animierten Film „The Boy and the Heron“ mit einer Auszeichnung bedacht. Der für Japan für den „besten internationalen Film“ ins Rennen gegangene Deutsche Wim Wenders verlor mit „Perfect Days“ gegen „The Zone of Interest“. Die deutsche Sandra Hüller, die in Glazers Film die Ehefrau von Rudolf Höß verkörpert, Hedwig Höß, war wiederum für ihre Hauptrolle in „Anatomie eines Falls“ nominiert – sie verlor gegen Emma Stone („Poor Things“).

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