„Pavements“: Nichts über Pavement gelernt, aber alles gefühlt

„Pavements“ von Alex Ross Perry ist Mockumentary, Doku, Musical, Biopic und Konzertfilm zugleich. Aber geht das gut?

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Als Person, die noch nie etwas von der Band Pavement gehört hat, war „Pavements“ für mich überwältigend. Er ist natürlich für Leute gedacht, denen die Band ein Begriff ist. Aber: Mein Wissen über Pavement hat sich auch nach Sichtung des Films nur wenig erweitert. Und trotzdem konnte ich über die komplette Filmdauer von 128 Minuten meinen Blick nicht vom Bildschirm abwenden.

Alles und nichts gleichzeitig

Seine Premiere feierte „Pavements“ von Regisseur Alex Ross Perry („Her Smell“) am 4. September 2024 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig. In den USA kam der experimentelle Film am 6. Juni 2025 in die Kinos, bald ist er schon bei MUBI im Stream zu sehen. Was genau passiert, lässt sich nicht sagen, ohne Verwirrung zu stiften.

Gegründet im Jahr 1989, zählen Pavement zu einer der einflussreichsten Gruppen ihres Genres. Kopf der Indie- und Alternative-Rocker ist Stephen Malkmus. Im Film werden Pavement mehr als nur einmal als „die wichtigste und einflussreichste Band der Welt“ beschrieben.

„Pavements“ ist weder Dokumentation noch klassisches Biopic, es ist kein Musical, und es ist auch keine bloße Aneinanderreihung alter Archivaufnahmen. Es ist alles und auch nichts davon – und das gleichzeitig. Perry erschafft ein außergewöhnliches Zusammenspiel verschiedenster Filmgenres, bei dem man nie weiß, was als Nächstes passiert.

Neben klassischen dokumentarischen Elementen wie Archivmaterial von Pavement-Shows in den 90ern, Bandproben zur Reunion im Jahr 2022 und früheren Interviews reihen sich Filmaufnahmen eines nicht realen Biopics mit dem Namen „Range Life: A Pavement Story“ sowie Einblicke in die Eröffnung eines Museums zu Ehren der Band.

Noch dazu verfolgt Perry das Making-of eines Pavement-Jukebox-Musicals mit dem Titel „Slanted! Enchanted! A Pavement Musical“. Das Musical existiert nicht nur tatsächlich – es wurde auch mehrfach vor echtem Publikum aufgeführt.

Verraten Pavement sich selbst?

Ein roter Faden ist bei „Pavements“ nicht wirklich zu erkennen. Teilweise passiert so viel, dass unklar bleibt, was genau eigentlich dargestellt werden soll. Ich als Laie kann mir vorstellen, wieso Pavement in den 90ern polarisierten und eine Kultgemeinde hintern sich versammelten.

Die Band rund um Stephen Malkmus wollte eigentlich nie gefallen, und dem Kommerz wollten sie sich ohnehin nie hingeben. Auch das bringt Perry als Regisseur auf die Leinwand. Man könnte argumentieren, dass es kaum kommerzieller geht, als eine standardisierte Dokumentation über eine Band der 90er-Jahre zu drehen. So zeigt der Film unter anderem die Anfänge der Musiker an der Universität Virginia, den großen Umzug nach New York und den Einfluss, den das Aufwachsen in Stockton, Kalifornien, auf Pavement hatte.

Sobald der Film allerdings den Eindruck vermittelt, es handle sich um die normale Geschichte des Werdegangs einer weiteren Band, schwenkt das Fake-Biopic hinüber in die Illusion.

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Dafür, dass das Biopic „Range Life: A Pavement Story“ nicht wirklich existiert und auch nie ernsthaft entstehen sollte, ist das Casting von Joe Keery („Stranger Things“) als Stephen Malkmus ausgesprochen gelungen. In der satirischen Darstellung der Vorbereitungen für klassische Biopics sieht man Keery unter anderem, wie er einen Dialekt-Coach trifft, akribisch Archivmaterial von Malkmus studiert und versucht, seine Mimik und Verhaltensmuster perfekt zu übernehmen.

Fred Hechinger spielt in „Pavements“ das „Bandmitglied“ Bob Nastanovich, Nat Wolff („Margos Spuren“) übernimmt die Rolle des Gitarristen Scott Kannberg, Logan Miller verkörpert Bassist Mark Ibold, und Griffin Newman stellt den Drummer Steve West dar. Jason Schwartzman („Rushmore“) schlüpft in die Rolle des Matador-Records-Gründers Chris Lombardi.

Schmaler Grat zwischen Fiktion und Realität

Alex Ross Perry arbeitet in „Pavements“ auffällig oft mit Splitscreens und altem Archivmaterial. Immer wieder werden echte Aufnahmen der Band dem Fake-Biopic gegenübergestellt. Diese Szenen werden teils auf einem Screen gleichzeitig dargestellt oder in Form einer Aneinanderreihung von Szenen.

In kurzen unaufmerksamen Momenten kann man dabei auch schnell vergessen, was nun echt ist und was Teil des Biopics. Und auch wenn es sich bei der vermeintlichen klassischen Hollywood-Verfilmung der Bandgeschichte nur um einen satirischen Blick auf dieses Filmgenre handelt, fragt man sich trotzdem manchmal: Wie hätte ein komplettes, echtes Biopic über Pavement aussehen können? Denn die Ansätze waren da, auch wenn sie nie wirklich ernst gemeint waren.

Zwischen Pavement-Musical und Pavement-Museum

Viel absurder ist aber vielleicht, dass das Musical zur Band nicht der ausgedachte Teil des Films war. Mit „Slanted! Enchanted! A Pavement Musical“ erschuf Alex Ross Perry ein Musical zu Ehren der Band. Es beinhaltet ausschließlich Pavement-Songs mit den originalen Songtexten und kommt komplett ohne gesprochene Dialoge aus. Perry begleitet im Film „Pavements“ nahezu den gesamten Entstehungsprozess des Musicals. Vom Casting über die Konzeption bis hin zu den Proben und der Aufführung des Endergebnisses. Dabei kommt immer wieder die Frage auf: Wieso funktionieren die Songs von Pavement überhaupt so gut für ein Jukebox-Musical? Und wieso sieht das Ganze dabei noch unfassbar unterhaltsam aus?

Und dann gäbe es da noch die Museumsausstellung zum Erfolg von Pavement, die filmisch eingefangen wird. Zum Ende des Films sieht Stephen Malkmus erstmals, welchen Einfluss er und Pavement eigentlich hatten. Fans versammeln sich vor den – teilweise echten, teilweise unechten – Ausstellungsstücken und schwelgen in 90er-Jahre-Nostalgie. Versteht der Sänger erst jetzt, was er geschaffen hat?

Chaotisch, unangepasst und verwirrend

Im Endeffekt habe ich zwar nicht viel über Pavement und ihre Geschichte gelernt, und trotzdem habe ich das Gefühl, ich wüsste, was sie so besonders macht. Alex Ross Perrys Darstellung ist chaotisch, schrammelig, unangepasst, teilweise verwirrend und manchmal auch überstimulierend. Nie konnte man sich sicher sein, was einen als Nächstes erwartet. „Pavements“ ist im Endeffekt genauso unkonventionell wie die Songs von Pavement selbst.

„Pavements“ ist ab dem 11. Juli 2025 auf dem Streamingdienst MUBI zu sehen.