Bevis Frond :: The Leaving Of London

Retrorocker Nick Saloman ist mit der Gesamtsituation unzufrieden.

Das Heute und Morgen werden überschätzt, findet Nick Saloman. Es reicht, alte Briefe hervorzukramen, um herauszufinden, wie schnell das, was einst Zukunft war, zur Vergangenheit degradiert wird. In „Johnny Kwango“ erzählt der Mann, der Bevis Frond ist, dann auch noch von gebrochenen Versprechen und all den Träumen, die keinen Bestand hatten, borgt sich aber für den Songtitel den Namen eines britischen Wrestlers aus, der fast 40 Jahre im Ring stand, sich nie unterkriegen ließ. Wie Nick Saloman eben, der sich selbst als „criminally underrated“ bezeichnet und vielleicht deshalb auf „The Leaving Of London“ ständig nach Anerkennung strebt.

Diese Platte leidet am Hier und Jetzt, misstraut der Zukunft und wünscht sich mal psychedelisch rockend, mal akustisch-folkloristisch in frühere Zeiten zurück. Nicht nur in der Durchhalteparole „Johnny Kwango“, auch im Schrammelrock von „Too Kind“ und in „Speedboat“, das im Refrain Garagenrock und in der Strophe Neo-Psychedelia ist, hat sich Frust angestaut: „I failed to cope with failure.“

Zweifel und Enttäuschung also überall. Im von schweren Gitarren begleiteten „Why Have You Been Fighting Me?“ ebenso wie im störrischen „Stupid Circle“. Der Titelsong ist eine Erschöpfungsballade am Klavier, „Testament“ eine von gespenstischem Summen begleitete Empfindlichkeitsstudie. Doch immer wenn man kurz davor ist, des weinerlichen Tonfalls überdrüssig zu werden, ändert Saloman die Richtung. Macht sich im trotzig-rockenden „More To This Than That“ doch Hoffnung und kommt im vom Punk-Verve und einem nervösen Synthie durchzuckten „You’ll Come“ zumindest grammatikalisch in der Zukunft an. (Woronzow/Broken Silence) Gunther Reinhardt

Beste Songs: „You’ll Come“, „Testament“

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