Boz Scaggs – Silk Degrees

Nie hat er größere Rock’n’Roll-Songs geschrieben als in den Jahren mit der Steve Miller Band, und für die These, dass sein Atlantic-Debüt mit dem einzigartigen Duane Allman immer noch seine größte Platte ist, ließen sich mühelos jede Menge Argumente beibringen. Die müssten alle Bewunderer der später so erfolgreichen Columbia-LPs auch erst mal entkräften. Nachdem diese Firma ihn irgendwann endgültig als eine kommerziell vernachlässigbare Größe abschrieb, hat er weiterhin ein paar ganz exzellente (auch klanglich übrigens teils wieder absolut süperbe!) Platten vorgelegt.

Möglicherweise hätte er es aber doch nie zum Besitz eines Gourmet-Treffs in San Francisco gebracht, wäre da nicht diese LP gewesen. Der pure Zufall wollte es, dass ein Discjockey bei einem Soul-Sender in Cleveland „Lowdown“ für einen richtig prima Song hielt, denselben Monate nach Veröffentlichung der LP dauernd in seiner Sendung spielte und damit einen nie kalkulierbaren Schneeballeffekt auslöste, der Single und Album zum Bestseller machte.

Nachträglich befragt, was denn wohl das Erfolgsrezept gewesen sei, zitieren die Liner Notes Keyboard-Mann/Arrangeur David Paich mit der lakonischen Bemerkung: „He was very Texas pop/blues, and I came in and we added the urban thing to it.“ Was natürlich auch albern und grober Unfug ist, denn als musikalischen Provinzler konnte man den schon vor seinen Jahren mit der Steve Miller Band weitgereisten Scaggs nie bezeichnen.

Stil und schiere Klasse hatte der Mann immer schon bewiesen, egal ob er uralten Jimmie-Rodgers-Yodel adaptierte, phänomenal den Blues mit Maestro Allman musizierte oder als weißer Soul-Sänger eine rare Finesse und Eleganz demonstrierte. Das wirklich inspirierte und originelle Sound-Design trug zum Erfolg bei. Ansonsten aber waren es altmodische Songqualitäten, die „Georgia“, „Lowdown“ oder „Lido Shuffle“ auszeichneten – und „We’re All Alone“ zu einem modernen Standard machten. An alte Tage von William Royce Scaggs erinnerte noch einmal „Jump Street“. Toll remastered, klang das alles nie besser als hier. Fabelhaft aufgenommen auch die drei Live-Mitschnitte, Zugaben dieser Edition.

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