C.W. Stoneking :: Jungle Blues

Unwiderstehlicher Countryblues, ausgerechnet aus Australien

In Katherine, Australien, ist Christopher William zur Welt gekommen. An seinen Hacken klebt dennoch fingerdick der Dreck irgendeines Sumpflochs bei New Orleans. Es war wohl karibische Magie, die seinen rumpelnden, dampfenden Countryblues, seine Calypso-Rhythmen und Dixieland-Sounds aus dem Mississippi-Delta der 20er und 30er ins Heute warf. Und der Weirdo mit Forrest-Gump-Frisur raunzt die Songs zum tutenden Swing seines Primitive Horn Orchestras so nonchalant, dass alle kritischen Gedanken über Authentizität oder doch kulturelle Plünderzüge im Keim ersticken.

Stattdessen: nur Staunen. Darüber, wie widerstandslos wir hier sogar auf ein Mindestmaß an Studiopolitur verzichten (etwa bei „Early In The Morning“), wie willig wir Bratzjazz mit leichtem Frühschoppen-Flair als Grundierung akzeptieren und uns von den Lo-Fi-Klängen 80 Jahre rückwärts tragen lassen. Und dass uns selbst der sicher bewusst adaptierte afroamerikanische Zungenschlag Stonekings kaum stört, der die Texte für hiesige Ohren schwer verständlich macht. Denn: In jeder der zehn Nummern ist hörbar, dass der Australier liebt, was er tut.

Einerlei, dass er zum Beispiel im „Jailhouse Blues“ die gitarristische Delikatesse von Seelenverkäufer Robert Johnson auch nicht annähernd erreicht und sein Banjo meist mehr klappert als klingt. Jeder einzelne Track auf „Jungle Blues“ ist liebenswert. Der „Talkin Lion Blues“ salutiert im Walzertakt dem „Yodelling Cowboy“ Jimmie Rodgers, „Jungle Lullaby“ erzählt im Stile Al Jolsons von Löwen und Schlangen, von schönen Frauen und Nachmittagen im Paradies. C. W.s Ehefrau Kirsty Frazer erregt sich im „Housebound Blues“ wie eine Billie Holiday zu Babygeschrei und Marching Band über die Ungerechtigkeit der Geschlechter-Rollen und fügt eine Prise unvermuteter Modernität hinzu. Und natürlich heißt die Schöne, die er im heißblütigen Calypso „The Love Me Or Die“ per Voodoo um die Ecke bringt, Mathilda – so viel ist der Storyteller Belafonte schuldig . Satt am Massengeschmack vorbeigezielt und dennoch perfekt getroffen. (King Hokum/Alive) Rüdiger Knopf

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