Coin Coin Chapter Two: Mississippi Moonchile :: Die Diskussionen darum, inwieweit Matana Roberts‘ hochambitionierter, hochkomplexer Zyklus über die Historie der Schwarzen in Amerika noch dem Freejazz verbunden sei, werden nicht verstummen, schon weil sich die Musik auf „Mississippi Moonchile“ weniger eruptiv ausnimmt, weniger disparat und eklektisch als auf dem ersten Teil titels „Gens De Couleur Libres“. Verglichen mit dem schieren Horror einiger Passagen auf Chapter One wirkt mancher Track hier beinahe beschaulich, ja lyrisch, obschon Matanas Narration kaum Licht kennt, ihr Altsaxofon nur in raren Momenten zu harmonischem Ausgleich findet. Jedem trotzigen „I sing because I’m free“ folgt Ernüchterung, jeder kleinen Freude ein tragischer Tod. Wieder werden Folk und Blues als Trägerelemente genutzt, wieder bannt Matanas gesprochenes Wort, ihr Gesang dringt tief unter die Haut. Doch an die Stelle einer tosenden, tumultuarischen, zu Kakophonie neigenden Bigband ist ein kleineres Ensemble getreten, das freilich demselben ästhetischen Prinzip folgt, von Matana Roberts „panoramic sound quilting“ genannt. Nicht von ungefähr ein Begriff mit visueller Dimension, denn es sind starke, aufwühlende Bilder, die sich beim Hören unauslöschlich einprägen, von unsagbarem Leid und individueller Auflehnung, von kollektiver Scham und verzweifeltem Stolz. Wichtigere Musik als auf diesem Work-in-Progress wird derzeit nirgendwo gemacht. Schade nur, dass man nicht beim Doppel-10-Inch-Format blieb, sondern für eine ordinäre LP optierte, auch wenn das Cover in Design und Beschaffenheit durchaus überzeugt.(Constellation)

Kim Lenz & The Jaguars

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