Isobel Campbell – Milk White Sheets
Isobel Campbell auf den Spuren von Ryan Adams. Rein produktiv betrachtet, versteht sich. Nur ziemlich exakt neun Monate nach ihrer geglückten „Ich Nancy, du Lee“-Reinkarnation mit Mark Lanegan wandelt die Ex-Belle & Sebastian-Chanteuse ohne Straßenköter-Geleit über noch taufeuchte Wiesen, durch manch dunklen Wald und,na klar, auch hinunter zum Fluss, wo heimlich eine Träne verdrückt wird für die Liebe, die ewig lockt und dann doch nicht sein darf oder kann.
„Milk White Sheets“ entstand zu einem Teil schon parallel zu „Ballad Of The Broken Seas“, doch einzig die abschließende Elegie aufs „Thursday’s Child“ folgt ansatzweise dem gebrochenen Desperado-Western-Vibe des Duett-Albums. Es ist einer der Songs, in denen Campbell ihr Stimmchen lautmalend einfach wie ein weiteres Instrument einsetzt, unisono aufgehen und verschwinden lässt im somnambulen Kreisen einer Slide-Gitarre zum Tamburin-Beat. Das dumpf rollende „Are You Going To Leave Me?“ verfolgt eine ähnlich weise Strategie; wie zum Trost, als kenne sie die Antwort schon, singt sie im Chor mit sich selbst.
Doch Campbell kann auch anders auf diesem „low-key“ (Campbell) Akustik-Stehversuch. Dann lotet sie, wie gleich zum Auftakt mit „O Love Is Teasin'“, die doch engen Grenzen ihres Gesangs aus, folgt in „Hori Horo“ traditionellem Geläuf, bittet in „Cuchel Wood“ und „Beggar, Wiseman Or Thief“ zum Picking-Ringelreihen, oder wagt sich gar a-cappella, zart tastend, an „Loving Hannah“ (die Träne am Fluß) heran. Oder sie hält einfach gleich ganz die schöne Schnute, holt das Cello raus und kredenzt immerhin drei Instrumentals, wovon das dunkel-brütende „Over The Wheat And The Barley“ den nachhaltigsten Eindruck hinterlässt.
So sucht Isobel Campbell aus dem nimmermüden Geist von Harry Smith Anschluss ans neue oder alte, jedenfalls irgendwie ko(s)misch-verrückte Folk-Amerika, ohne dabei so viel leise Magie und Unruhe zu stiften, wie sie gern möchte.
Der Mann, der „Milk White Sheets“ gemastert hat und sonst eher Death-Metal-Klientel versorgt, behauptet sogar (und sehr zum Plaisir Campbells), die Platte sei „satanisch“. Schlimme Botschaften unter der lieblich-heilen Oberfläche milchweißer Laken? Ach, alles halb so wild. Diese Teufelin hat höchstens zwei Zacken.