Jimmie Dale Gilmore – One Endless Night :: Der Gesangs-Extremist singt gemütvolle, oft wehmütige Standards

Nicht jedem gelingt der Schritt in eine „Braver Newer World“. Dass Jimmie Dale Gilmore 1996 mit seinem ebenso betitelten Album scheiterte,

hatte auch mit eigenen (Songwriter-) Ambitionen zu tun, mehr noch aber mit T-Bone Burnetts verquerer Produktion. Dessen Vision, das akustische Äquivalent von Blitz, Donner und blue skies am endlosen Lone Star-Horizont zu kreieren, verpuffte wie die Dampffahne einer Prärie-Lok in Arizona. Und so lag für Gilmore hinterm Horizont nur das künstlerische Desaster – und folgend der Rausschmiss bei Elektra, die ihn, erstaunlich genug, drei Alben lang hatten machen lassen.

Mit „One Endless Night“ kehrt der Texaner mit dem schönsten Tenor nördlich des Rio Grande wieder in die Traditionalisten-Scheune zurück und auch auf seinen Stammplatz als Interpret. Dabei hat er in Co-Produzent Buddy Miller genau den Rancher engagiert, der eine solche Rückkehr auf die Koppel zum Klingen bringen, die optimalen Ernte-Helfer engagieren kann. Da packt Darrell Scott sogar die Bouzouki aus, um Gilmore mit „Darcy Farrow“ tief auf Folk(Rock)-Terrain zu fuhren. Da setzen Emmylou Harris, Victoria Williams, Miller-Gattin Julie und Jim Lauderdale deutlich, doch distinguiert Vocal-Akzente. Da nimmt Gilmore die Songbooks der üblichen Verdächtigen (Townes, Butch etc.) noch mal genau unter die Lupe (toll: Willis Alan Ramseys „Goodbye Old Missoula“), deutet John Hiatts „Your Love Is My Rest“ zu perlendem Country-Rock um, taucht „Ripple“ (Grateful Dead) sanft in Bluegrass-Farben, ist mit dem schwelgerischen „Blue Shadows“ (einer von nur zwei Gilmore-Songs) seinem alten Idol Roy Orbison auf der Spur.

Und zu guter Letzt ist der geläuterte Mann mit der Matte dann sogar bereit für einen Ausflug in eine braver older world. Es mag gute Gründe geben, „Mack The Knife“ nicht mehr zu singen. Doch Jimmie Dale Gilmore findet noch einmal eine ganz persönliche Note für den Brecht/Weill-Klassiker – und entschwebt auf den Schwingen von Darrell Scotts steelguitar, hinein in eine scheinbar endlose Nacht.

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