Ohrbooten – Babylon bei Boot

Wahrscheinlich freuen sich jetzt die Kollegen von der „Zeit“ riesig darüber, popmusikalisch auch mal ganz vorne dabei gewesen zu sein. Schließlich hatten sie nach der Veröffentlichung des Debüts der Ohrbooten „Spieltrieb“(1005), in ihrem Feuilleton erklärt, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis der „Rolling Stone“ auf diese Band aufmerksam werde.

Doch wie die schon etwas bemüht witzige Bob-Marley-Anspielung im Titel des zweiten Albums des Berliner Quartetts ahnen lässt: So originell wie sich die Band auf „Babylon bei Boot“ gerne gibt, ist sie nicht in allem, was sie tut. Dabei räubern sich die Ohrbooten durchaus gewitzt durch die Weltmusik. Mal steht der Reggae im Vordergrund wie in „Babylon bei Boot“ oder „Keine Panik“ (bei dem Johnny Strange von Culcha Candela einen Gastauftritt hat), mal der HipHop („Sexy sein“) oder der Pop („Number One“). Mal versuchen sich die ehemaligen Straßenmusiker am Dancehall („Alle gegen Alle“), probieren orientalische Melodik aus („Bewegung“) oder lassen in,,Kaufrausch“ die Grenzen zwischen Ska und Disco zerfließen.

Und seit „Die Reklamation“ von Wir sind Helden war die Slogan-Dichte auf einem Popalbum nur selten höher als auf diesem. Da man auf der Platte andauernd mit aufmunternden Werbebotschaften („Man lebt nur einmal“) oder gut gemeinten Imperativen („Bewegt jetzt eure gottverdammten Knochen!“ oder „Ausziehen! Ausziehen! Komm, zeig nackte Haut!“) konfrontiert wird, ist man dann etwas irritiert, als man in „Bild“ erfahren muss, dass die Ohrbooten von der Versloganisierung des Alltags eigentlich überhaupt nichts halten.

„Zu viel Moll und viel zu wenig Rock’n’Roll“, klagt Ben zum sanften Groove von „Irgendwas ist doch immer“ und verrät damit, worum es den Ohrbooten eigentlich geht: um Sommer, Sonne und gute Laune.

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