The Kings Of Dubrock :: Fettuccini
Jacques Palmingers Dada-Dub geht an Herz, Hirn und Bein
Es soll ja Menschen geben, die Jacques Palmingers ebenso beballerten wie beseelten Versuch, Dub, Euro-Pop vergangener Epochen und Hamburg-Humor zusammenzudenken, für ziemlich überflüssig erachten. Dabei würde diese Musik doch erst dann obsolet, wenn sich Adriano Celentano und Lee Perry zu einem gemeinsamen Spätwerk verabreden würden.
Mehr noch als auf dem Debüt „Mondo Cherry“ spielen Palminger, sein hibbeliger Adjutant Viktor Marek und Sängerin Rica Blunck in ihrer ganz eigenen Liga. Der melancholische und verletzte Attitüdenclown und seine beiden Mitstreiter lassen hier aus coolen Bass-Beats, Franzosenkäse, Pasta-Pop, Afrobeat, jamaikanischem Hallspiralen-Scheppern und Prügelfilm-Soundtracks eine Musik entstehen, die so selbstverständlich und seelentröstend ist wie ein vertrödelter Sommertag.
Da fährt Fela Kuti mit Werner Enke im Strandauto von Oliver Onions („Beachbuggy“), Pino D’Angio musiziert mit King Tubby („Scatman Dub“) und manchmal meint man gar, Helge Schneider und Harry Belafonte machten gemeinsame Sache. Ob in der anrührenden Loser-Geschichte „Calimero“ oder in der beschwörenden Massentanz-Hymne „Kinder der Sonne“: Die Kings of Dubrock umarmen den Unsinn, sie geben dem Affen Zucker – und stehen am Schluss als Sinnstifter da. Lösungsvorschläge haben sie auch. Zum Beispiel für alle Labertaschen der virtuellen und realen Welt: “ … diesen ganzen Schwätzern, hey, den sollte man mal ein After Eight unter die Vorhaut schieben“.
Gerade Palmingers vielgescholtener Schrägo-Humor macht diese Platte so groß: Dieser Humor – von dem nur Einfaltspinsel annehmen könnten, er widerspräche der Ernsthaftigkeit der Sache und der Beseeltheit der Musik – ist es, der die Angst überwindet, Dinge aufeinandertreffen zu lassen, die nur in einer langweiligen Welt nicht zusammengehören. Wer aber raus will aus der Ödnis, der halte sich an den Poeten Palminger: „Bärte können Schlösser aufmachen/ Schatten haben später Angst/ Uhren befummeln die Zeit.“ (Staatsakt) Eric Pfeil
Beste Songs: „Kinder der Sonne“, „Calimero“