Saskia Esken: Ist Neil Young der Willy Brandt des Rock?
Die ehemalige SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken über ihre Zeit als Straßenmusikerin.

Frau Esken, Sie haben als sehr junge Frau in den Fußgängerzonen Süddeutschlands Straßenmusik gemacht und unter anderem Neil Young gespielt. „Heart Of Gold“, nehme ich an?
Klar, „Heart Of Gold“ hat dazugehört, „Helpless“ oder „Cowgirl In The Sand“. Mit Freunden konnte man auch mal mehrstimmig singen.
Spielten Sie auch so was wie „Powderfinger“ oder „Cortez The Killer“?
Klar, „Cortez“ und auch „Pocahontas“.
Wie kamen Sie an in den Fußgängerzonen?
Das war ganz unterschiedlich. Aber gelernt habe ich: Wenn Kinder dabei sind, sind die Zuhörer spendabler.
Warum das?
Ich erinnere mich zum Beispiel, wie in Stuttgart eine Gruppe von Zuhörern einen riesengroßen Kreis bildet. Nicht weil die so viele sind, sondern weil sie so weit weg sein wollen. Man bekommt nur Geld von denen, die Kinder dabeihaben, weil, sonst müsste man sich ja selbst nähern.
Die Kinder kommen vor und werfen das Geld in die Dose?
In den Gitarrenkoffer. Aber in Tübingen saßen mir Studierende dagegen fast auf dem Schoß und sangen mit. Jede Stadt hat ihre Eigenheiten.
Konnten Sie davon leben?
Nein, nein. Das war auch keine sehr lange Phase meines Lebens. Aber es war sehr prägend für mich, weil es halt für eine 18- oder 19-Jährige eine Herausforderung ist, sich mit ihren zwölf Saiten hinzustellen und sich das zu trauen.
Welche Songs sind sichere Geldbringer, bei denen die Leute einfach was raustun?
Es ist überall so, dass die Leute eher geben, wenn sie den Song kennen und womöglich sogar mitsummen können.
Das ist ja bei der Politik auch so, oder? Wenn man einen alten Hit spielt, wird eher geklatscht, als wenn man sagt: Ich spiele jetzt was von der neuen Zeitenwende-Platte.
Das stimmt. Wenn man Willy Brandt zitiert, gibt es Applaus. Mal sehen, ob ich ihn hier noch unterbringen kann.
Wenn Neil Young und Bruce Springsteen heute Präsident Trump kritisieren, bringt das etwas oder stabilisiert das nur die polarisierten Lager?
Ich glaube schon, dass es denen den Rücken stärkt, die Hoffnung haben, dass es auch noch ein anderes Amerika gibt. Es ist wichtig, dass auch Künstler:innen sich äußern, und gerade auch solche, die viel Gehör finden und Reichweite haben, sodass der Einzelne auch weiß, es gibt auch andere, die denken wie ich und die die Hoffnung noch nicht verloren haben.
Interview: Peter Unfried
Das vollständige Interview könnt ihr in der Juli-Ausgabe des ROLLING STONE nachlesen.