So setzt sich Willie Nelson für Migranten ein
Willie Nelson zeigt vor seinem Headliner-Auftritt beim Outlaw Music Festival Tour-Stop ein Video zu seinem Song „Living in the Promiseland“ aus dem Jahr 1986.
Mittlerweile ist es Tradition, dass alle, die sich backstage bei einem Willie-Nelson-Konzert aufhalten, ihn beim Gospel-Medley begleiten, mit dem er seine Auftritte abschließt. Am Mittwoch beim Tour-Stopp des Outlaw Music Festival in Franklin, Tennessee, gehörten dazu auch zwei unangekündigte Stars. Chris Stapleton und Sheryl Crow, die sich unter anderem den McCrary Sisters, Mitgliedern von Nathaniel Rateliffs Night Sweats, Tami Neilson und Lily Meola anschlossen, um „I’ll Fly Away“ mitzusingen.
Botschaft auf der Großleinwand
Die meisten Fans bemerkten Stapleton und Crow gar nicht. Das Musikvideo, das eine Stunde vor Nelsons Headliner-Set auf den Bildschirmen gezeigt wurde, dagegen schon. Sobald das Licht im FirstBank Amphitheater – einem ehemaligen Steinbruch etwa 45 Kilometer südlich von Nashville – ausging, begann Nelsons Video zu seinem Song „Living in the Promiseland“ aus dem Jahr 1986.
Auf zwei übergroßen Videoleinwänden waren Bilder von Einwanderern zu sehen. Viele davon People of Color. Manche auf Booten. Andere in Essensschlangen. Alle auf der Suche nach der immer schwerer zu findenden helfenden Hand Amerikas. Angesichts der aktuellen Zustände in den Vereinigten Staaten im Jahr 2025, in denen Einwanderer verteufelt, zur „Selbstabschiebung“ gedrängt oder – schlimmer noch – von maskierten Männern aus ihren Arbeitsplätzen gerissen und in weit entfernte Haftzentren gebracht werden, wirkte die Entscheidung, dieses Musikvideo zu zeigen, alles andere als zufällig. Vielmehr war es eine bewusste Erinnerung daran, was dieses Land einst war. Und wieder sein sollte.
„Gib uns unser tägliches Brot / Wir haben keine Schuhe zu tragen / Keinen Ort, den wir unser Eigen nennen / Nur dieses Kreuz zu tragen“, sang Nelson im Video. Sein Kopf nicht mit dem typischen roten Bandana, sondern mit einem, das weiße Sterne und Streifen zeigt, umwickelt. Im Jahrzehnte alten Video war Nelson, damals erst 53. Das Amerika war eine warme Stimme. Ein Zufluchtsort für Bedürftige. Heute, mit 92, ist er es noch immer. Er unterstreicht dies, indem er nicht wie früher vor der texanischen Flagge, sondern vor einer riesigen amerikanischen Flagge auftritt, die sich über die gesamte Bühnenlänge erstreckt. Für ihn steht die Flagge immer noch für alle. Und repräsentiert, wer wir sind, was wir tun. Und wie Bruce Springsteen einst sang: „was wir nicht tun“.
Eine Hymne für die Ausgegrenzten
„Es ist im Grunde: Kommt her, kommt nach Amerika“, sagte Nelson 2017 in einem Interview über „Living in the Promiseland“, mitten in der ersten Amtszeit von Donald Trump, während dessen Einwanderer massiv angegriffen wurden. „Wir lieben euch. Wir helfen euch. Und wir finden einen Platz für euch. Und es gibt eben die andere Seite, die sagt: Nein, nein, nein. Aber das ist nicht richtig.“
„Ich bin immer noch optimistisch, dass alle Leute, die hierherkommen, dieses Land genauso großartig machen. Morgen wie heute“, sagte Nelson weiter.
Ein Lied mit Geschichte
Geschrieben wurde „Living in the Promiseland“ von David Lynn Jones. Und war der Titelsong von Nelsons Album „The Promiseland“ aus dem Jahr 1986. Nelson spielte das Lied in den darauffolgenden Jahren gelegentlich live, zog es 2005 jedoch weitgehend aus dem Repertoire. Zehn Jahre später ließ er es wieder aufleben, als er mit dem Gershwin-Preis für populäre Musik ausgezeichnet wurde. Zu einem Zeitpunkt, als syrische Flüchtlinge vor einem Bürgerkrieg flohen. „Ich glaube, das ist eines der passendsten Lieder für diese Zeit in Amerika“, sagte er damals auf der Bühne der Constitution Hall in Washington, D.C. „Ich habe dieses Lied vor vielen Jahren aufgenommen. Und ich hatte das Gefühl, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, es zurückzubringen.“
Zehn Jahre später lohnt es sich erneut, „Living in the Promiseland“ anzuhören. Und auch wenn Nelson es nicht live bei der aktuellen Outlaw Music Festival Tour spielt wie noch im letzten Jahr, sorgt er dafür, dass seine Botschaft – dass in diesem gelobten Land „Platz für alle“ ist – bereits verbreitet wird, bevor er überhaupt die Bühne betritt.