Wall-E :: Andrew Stanton (Start 25.9.)

Zittrig tastet er nach ihrer Hand. Sie erschrickt, weicht zurück und verpasst ihm eine – sagen wir mal: elektrische – Ohrfeige. Es ist ein anrührender, witziger Moment. Man weint und lacht zugleich Tränen. Diese Situationskomik ist natürlich nicht neu, man denkt etwa an Buster Keaton. Aber man sieht zwei Roboter. Ihnen fehlen nicht nur die Worte, wie man es bei frisch Verliebten kennt, sie haben nicht mal einen Mund zum Küssen. Neben Tönen, die dem Winseln eines Welpen gleichen, ist hier wie im Stummfilm jede Geste eine Aussage.

Der Verzicht auf Dialoge ist ein Wagnis — aber deshalb hat Pixar in seinem neunten Trickfilm geschafft, was bei „Cars“

noch misslang: Maschinen ein Leben, ja eine Seele einzuhauchen. Statt die Automaten wortreich zu vermenschlichen, evozieren viele kleine Symbole und Filmzitate das emotionale Erwachen der künstlichen Helden. Und der Zuschauer fühlt voraus, was diese erst langsam begreifen. Wie beim Evolutionsprung in „2001“ vom Affen mit dem Knochen in der Faust bis zum Computer HAL verläuft die Odyssee des rostigen Müllroboters Wall-E, der seit 300 Jahren allein auf der von den Menschen verlassenen Erde arbeitet.

Pflichtbewusst presst er täglich Schrott zu Würfeln und stapelt sie zu riesigen Pyramiden. In einem Container sammelt er hundertfach alles, was ihm erhaltenswert vorkommt: Autofelgen, Spielzeug, Feuerzeuge und eine VHS-Kassette mit Gene Kellys Musical „Hello, Dolly!“. Wenn dann ein Tanzpaar sich an die Hände fasst, drehen sich stets seine Röhrenaugen, als würde er seufzen. Eines Tages landet Eve, um den verseuchten Planeten zu erkunden. Der Flugroboter erscheint wie ein erlösender Engel, hat blaue Pixelpupillen, ist so formvollendet wie ein Ei und weiß wie eine Braut. Wall-E ist verknallt und überreicht Eve ein Pflänzchen in einem Schuh, wie ihn Charlie Chaplin in „Goldrausch“ verspeist, und folgt ihr ins Weltall zu einem Raumschiff, auf dem der Rest der Menschheit fett und faul wie auf einer Kreuzfahrt lebt und von einem intriganten Computer kontrolliert wird.

Die Botschaft von Verantwortung und Versöhnung ist einfach, aber ernster war ein Trickfilm selten. Neben den fast fotorealistischen Bildern reißt deren Rhythmus mit. Es gibt einen himmlischen Tanz im All, doch auch sonst wirkt alles choreografiert. Und wenn sie „Wwalliii!“ oder „Eeeeve?“ fiepen, spürt man: Dies ist eine der größten Liebesgeschichten des Kinos.

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