You Should Be So Lucky :: Nach Jahrzehnten im Geschäft: das Solo-Debüt des Keyboarders

Alte Weggefährten und aktuelle Arbeitgeber preisen den Tastenmann der Heartbreakers gern als ebenso bescheidenen wie brillanten Musiker. Nach den ersten Songs dieses späten Solo-Debüts, das Produzent Glyn Johns auf den Weg brachte, kommt einem ein anderer großer Keyboarder in den Sinn – Mitchell Froom, der mal sinngemäß formulierte: Die schönste Popmusik komme oft von einem Ort, an dem Demut und Verletzlichkeit mit dem Wunsch harmonierten, die ganze Welt umarmen zu wollen.

Zum Auftakt klingt „Today I Took Your Picture Down“ in diesem Sinne klassisch und stellt gleich klar: Dies ist kein Keyboarder-Album. Klar, es gibt zwei Instrumentals, die After-Hours-Episode „Ecor Rouge“ und den Professor-Longhair-Gruß „Woobles“. Und auch mehr Tasten-Soli als auf einem Gitarristen-Album. Aber maximal 16 Takte! So wie sich Benmont Tench nicht nur bei Tom Petty immer (und oft brillant) in den Dienst der Songs stellt, tut er das auch hier. Nur dass es halt die eigenen Songs sind. Und die wollen schon gern wiedergehört werden, auch wenn die Luft in Hälfte zwei dünner wird. Aber da lauert halt auch noch die sanfte Randy-Newman-Verbeugung „Why Don’t You Quit Leaving Me Alone“. Zuvor gefällt Tench mit dem R&B-Humor von „Veronica Said“, mit dem fast verstummenden Liebeslied für „Hanna“, auch mit dem countrygetönten „Blonde Girl, Blue Dress“, das er eigentlich schon für die Mudcrutch-Reunion geschrieben hatte. Da spielt Chef Petty gern den Bass, geben Gillian Welch & Dave Rawlings das Harmonies-Duo, schüttelt Ringo das Tambourin. Benmont Tench ist kein großer Sänger. Aber ein guter, weil er sich seine Grenzen zunutze macht, statt sie zu strapazieren. Am Ende swingt er mit Dylans „Duquesne Whistle“ entspannt nach Hause – und nimmt sich glatt die Freiheit, die vorletzte Strophe einfach wegzulassen. Wie jemand, der mit 60 endlich sein Soloalbum machen konnte. Some guys have all the luck. (Blue Note/Universal) JÖRG FEYER

Elbow