20 Jahre „From Dusk Till Dawn“: Mit Sex Machine im Titty Twister

George Clooney und Robert Rodriguez wurden zu Stars – und das Warten auf eine neue Regiearbeit von von Quentin Tarantino, der hier die Story lieferte und selbst mitspielte, wurde fast zur Qual. Vor 20 Jahren kam die Horrorkomödie "From Dusk Till Dawn" ins Kino.

Natürlich führte nicht Quentin Tarantino bei „From Dusk Till Dawn“ Regie, sondern dessen Freund Robert Rodriguez. Aber die Handschrift des Drehbuchautors setzte in der Inszenierung ihre Akzente: der Prolog mit dem Versteckspiel in der Tankstelle, die Fußfetisch-Tanzeinlage von Salma Hayek, der „Diese sechs Pistolenkugeln sind meine Freunde“-Vortrag George Clooneys, und überhaupt die Idee, mit Clooney jemanden in der Hauptrolle eines Actionfilms zu besetzen, den man vorher nur aus einer Arztserie kannte. Nun behandelte Clooney nicht mehr die Leute im „Emergency Room“ – als Killer Richard Gecko schickte er sie dort hin.

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Als „From Dusk Till Dawn“ vor 20 Jahren ins Kino kam, hatte die Filmwelt ein neues Werk Tarantinos ersehnt. Der 33-Jährige befand sich nach „Reservoir Dogs“ (1992) und „Pulp Fiction“ (1994) auf dem Gipfel, alle wollten neue göttliche Dialoge von ihm hören, neue Killer in blutbeschmierten Smokings bewundern, neue alte Helden auf der Leinwand sehen, wie zuletzt den ausgegrabenen John Travolta. Tatsächlich hatte Tarantino für „From Dusk Till Dawn“ selbst Regie führen wollen. Er entschied dann aber, es vor statt hinter der Kamera zu probieren, in der zweiten Hauptrolle neben Clooney, als paranoider Bruder Seth Gecko. Tarantino ist, gelinde ausgedrückt, kein Schauspieltalent. Hier aber passt sein mal hektisches, mal fahriges Sprechen zumindest zur Figur.

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Erst sein elf Jahre später erschienener Film „Death Proof“ wird als „Grindhouse“-Beitrag angesehen, dabei erfüllte auch „From Dusk Till Dawn“ zumindest ein Kriterium – den nicht absehbaren Genre-Switch in der Mitte, der ebenso grandios wie bescheuert wie größenwahnsinnig ist. Der Film wechselt vom Action-Genre ins Horror-Fach, so, als würde ein Kind das alte, gut laufende Spielzeug wegwerfen und sich etwas Neuem zuwenden, nur weil das stärker leuchtet.

Meer aus Blut

Die Gecko-Brüder und die von ihnen gekidnappte Pastorenfamilie müssen sich, noch während man sich fragt, ob Papa, Tochter und Sohn sich von den Verbrechern befreien können, plötzlich mit Vampiren auseinandersetzen. Die Grenzkneipe „Titty Twister“, wo die Geckos auf Hilfe durch einen mexikanischen Drogenboss warten, wird zum Schauplatz eines Gemetzels. Fangzähne, Maschinenpistolen, Pflöcke, Weihwasser, Danny Trejo, Tom Savini als „Sex Machine“, alles drin.

Als Splatter-Streifen aus Hollywood stand „From Dusk Till Dawn“ 1996 allein auf weiter Flur. Im Kino regierten romantische Blutsauger-Dramen wie „Interview mit einem Vampir“, das Zombie-Genre wiederum existierte Mitte der Neunziger nur im Untergrund. Lichtjahre davon entfernt, auch von Menschen akzeptiert zu werden, die sonst nicht viel mit Gore anfangen können; Lichtjahre entfernt von „28 Days Later“, „Zombieland“; Lichtjahre entfernt von einer wahnsinnig erfolgreichen Fernsehserie wie „The Walking Dead“, die aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken ist. „From Dusk Till Dawn“ stieß alle vor den Kopf, die nicht ahnen konnten, was im Verlauf des Films passiert. Das Internet fing damals grade an zu wachsen, soziale Netzwerke in der heutigen Form waren unbekannt: Niemand konnte spoilern, dass einen hier Blutfontänen erwarten.

Über die Arbeitsteilung Tarantino/Rodriguez ist hier wenig bekannt. Vielleicht hat sich der durch „Desperado“ populär gewordene Regisseur vor allem in diesem zweiten Filmabschnitt austoben dürfen. Die Splatterszenen sind unterhaltsam, aber natürlich fehlt ihnen der Witz der Dialoge, mit denen Clooney, Tarantino und vor allem Harvey Keitel (als Geistlicher Jacob Fuller) ihre Grabenkämpfe zuvor ausgetragen hatten. Am gelungensten ist wohl Keitels Erklärung gegenüber den Kneipenrockern, warum er als Wohnmobil-Fahrer gleichzeitig auch Trucker ist.

Nun sind sie alle vereint gegen die Untoten, mal sehen, wer bis zum Morgengrauen aushält. Priester Fuller, der nach dem Tod seiner Frau mit dem Glauben abgeschlossen hatte, findet zu alter Stärke zurück.

Mit einem Einspielergebnis von knapp 26 Millionen Dollar war „From Dusk Till Dawn“ zwar alles andere als ein Hit, hatte aber eine gewisse Strahlkraft: Es gab zwei Straight-To-Video-Fortsetzungen, für die Rodriguez und Tarantino als „Executive Producers“ in Erscheinung traten (wahrscheinlich gibt es keinen Job im Filmgeschäft, der so schwammig definiert ist wie dieser), sowie eine erst 2014 angelaufene Fernsehserie (bedeutungslos).

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Juliette Lewis als Fullers Tochter Kate hatte hier, mit gerade einmal 23 Jahren, ihren letzten großen Kino-Auftritt. Regisseur Rodriguez konnte nach „From Dusk Till Dawn“ weiter in Hollywood drehen, auch wenn er zunächst, mit der Zombiekomödie „The Faculty“, etwas ins Straucheln kam. George Clooney war natürlich der größte Gewinner, der 35-Jährige erlebte seinen Durchbruch in Hollywood – und bewies, dass es TV-Gesichter durchaus auf die große Leinwand schaffen konnten, schon in den 1990er-Jahren.

Selbst die Titty-Twister-Hausband Tito & Tarantula bekam ihren kurzen Ruhm: Mit „After Dark“ haben die Bluesrocker zwar bis heute nur einen einzigen Hit gelandet. Das hat Tito Larriva und Band aber nicht davon abhalten können, ab Mitte der Neunziger zumindest für ein paar Jahre eine Live-Karriere auf deutschen Festivals zu verwirklichen.

Und dann war da ja noch Quentin Tarantino. Noch ein weiteres Jahr, dann war es für die erste Regiearbeit seit „Pulp Fiction“ so weit. „Jackie Brown“ wartete bereits.

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