Steinbruch Kurzbesprechungen

Kein Witz: Die MEAT PUPPETS, Gründerväter amerikanischer Alternativ-Musik, spielen noch immer so, wie sie immer gespielt haben. Ein Witz ist es aber schon, daß dieses Trio – unbeeindruckt von anhaltender Ignoranz – beharrlich neue Alben veröffentlicht. Sogar die Plattenfirma hat Geduld. JVo/ofe/“ (Metronome): unaufgeregte, geschmeidige, fast klassizistische Gitarrenmusik, deren Virtuosität immer ein wenig bedauern läßt, daß die Meat Puppets als Musikanten besser sind denn als Songschreiber. Muß vielleicht so sein. 3,0 Manchmal müssen Songs nicht vorm Vergessen, sondern vor der Simme ihres Autors bewahrt werden. Wenn K. McCARTY, Ex-Glass Eye-Sängerin, auf ,J)eadDog’sEye-&d/“Oustine/RTD) 18 Songs des texanischen Sonderlings Daniel Johnston interpretiert, ist das aber kein Tribute im herkömmlichen Sinne. Vielmehr eine durchweg geglückte Rettungsaktion, die dank McCartys wandlungsfahigem Alt und wunderbarer (Low-Budget-) Arrangements geradewegs zum Kern des Materials vordringt. 4,0 Mick Hucknall verallgemeinert weiter. Hatte er mit „Men And dornen“, ,^i New Flame“ und „Stars“ schon einen hohen Grad an Beliebigkeit erreicht, so heißt das neue Album von SIMPLY RED nur noch „L^“(EastWest) und bewegt sich zwischen allen Gemeinplätzen. Auch seinen gefälligen Gebrauchs-Soul hat Hucknall noch einmal gebleicht, um auch der weißesten Seele die Leidenschaft zu geben, die nichts kostet. Nur den Preis einer CD. 1,5 Drei Schwestern außerhalb von Zeit und Raum. THE ROCHES singen seit 16 Jahren, fast unbemerkt, selbstvergessen nostalgisehe Vokal-Ptetiosen zu lieblichen, aber raffinierten Melodien, und daß sie aus New Jersey stammen, ist ein Kuriosum: Dem europäischen Kunstlied ist ihre Methode näher. Zur technischen Perfektion kommt auf „Can We Go Home Now“ (Ryko/RTD) die sentimentale Schönheit der frühen Barbra Streisand, das Feinziselierte des Jazz und die Leichtigkeit der Popmusik. Songs über die Wärme der Heimat, die Wirren der Liebe und die Wonnen des Wintermantels: ein Strahlen. 3,5 Nach einem unerquicklichen Hard Rock-Ausflug präsentieren sich DRIVIN ‚N‘ CRYIN- auf ihrem Geffen-Debüt mit langem, ruhigem Atem, schrecken aber auch vor Überraschungsattacken nicht gänzlich zurück. „WrappedIn Sky“ (MCA), von John Porter (The Smiths, Buddy Guy) mit Sinn fürs Detail produziert, vermittelt ziemlich optimal zwischen Kevin Kinneys Storyteller-Ambitionen und aktuellen Rock-Begehrlichkeiten. Die Grundlage, um endlich verdientermaßen dem „Underground Umbrella“ (Song-Titel) zu entkommen, hat das Trio aus Georgia damit belegt. 3,5 Schon erstaunlich, was in Santa Monica zu eher später Morgenstunde so alles über den AkustikÄther von KCRW geht: MC 900 Ft. Jesus weckt schlafende Städte mit Psychopathen, Aimee Mann stimmt Trauergesänge über Bands 8L Business an, Lou Barlow stolpert nach schlafloser Nacht benommen durchs Studio. Und Cole (Lloyd) singt und sinkt vor Cohen (Leonard) in den Staub. Das nicht eben einfaltige Line-Up von „Volume 2“ (Mammoth/RTD) der Live-Reihe RARE ON AIR wird durch Joni Mitchell, Bettie Serveert, Philip Glass, World Party und Vic Chesnutt abgerundet 3,0 Die Heücats-Gründerin LO-RETTE VELVETTE ist eingeschriebenes Mitglied der Memphis-Mafia und wohlgelitten von Semi-Legenden wie Doug Easly und Tav Falco. Mit diesen teilt sie eine große Vorliebe für Tinnef und Trash, für dunkle Geheimnisse und melodramatische Exzesse. „Dream Hotel“ (Veracity) wartet mit derlei Ausschweifungen auf, aber auch mit uraltem Blues sowie Girlie-Charme. „Oh How It Rained erinnert an eine Bobbie Gentry, die Kreide gefressen hat, der „Kokomo Blues“ rumpelt adäquat rootsig, die meisten anderen Tracks zwischen Barroom-Apotheosen und Boogie-Variationen belegen mindestens Geschmackssicherheit, und das ist heutzutage nothing to be sneezedat. 3,0 Wir erinnern uns: Einst sang Chrissie Hynde „ruck ofP in ihrem Song JPrecious“ – und alle sangen mit. Jetzt hängt der Hynde-Himmel voller Geigen, und es ist fraglich, ob ihr auch daheim alle folgen werden. Mit ihrem neuen Album „The ble Of View“ (WEA) legen die PRETENDERS quasi ein semi-akustisches Semi-Live-Album vor, das ein bißchen klingt wie eine elektrisch verstärkte Unplugged-Version mit Streicher-Arrangments als Gleitbahn zur nächsten Seifenoper. An einem Abend im Studio spielten die Pretenders mit Gästen 15 Songs ein, in denen die Stimme von Hynde jubiliert und Rock-Elemente ansonsten fehlen. Es sind zu hören: eine versunkene Version von „Private Life“, eine langweilige Variante von Jirass In The Pocket“ und wenig Verstärker. Trotzdem klatschen viele Leute begeistert, und Hynde sagt immer „thank you“. – Auch irgendwie Musik. 2,0 Es klingt mal wieder, als hätte sich RICKIE LEE JONES in Trance gesungen, als strömten Worte und Silben aus ihr, von denen sie selbst nicht weiß, was sie bedeuten: Sanfte Entrücktheit prägt ihre vorliegenden Live-Aufnahmen ,J4aked Songs“ (WEA). Und natürlich prägen sie auch Jones‘ flinke, butterweiche Finger, die die Saiten ab und an knallen lassen oder wie bei „Autumn Leaves“ eine Melodie als Walking-Bass-Thema spazieren schicken. Mit ihrer Stimme hält Jones sorgsam die Balance zwischen voluminösen gutturalen Seufzern und deutlich artikulierter Poesie. Ein Album wie ein Waldspaziergang: samtig, spannend und very Rickie Lee Jones. 3,0 Nach einem Neuanfang klingt das nicht: Wie gewohnt und unverkennbar greift TRACY CHAP-IMAN auf ,flew Beginning“ (WEA) in die Saiten und singt ihre unprätentiösen Protest-Songs fürs Bürgertum. Melodiös interpretiert sie Zeilen wie „At this point in my Life“, und die Gitarre antwortet wie ein Echo – aus diesem Dialog von Stimme und Instrument entsteht die unverwechselbare Chapman-Weltfolklore.2,0

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates