Apostle of Hustle National Anthem of Nowhere :: Short Cuts

Die Zeitschrift „The Word“ wählte kürzlich die akustische Gitarre zum schlimmsten Instrument aller Zeiten: Sie habe schon so vielen Nullen dazu gedient, Bedeutsamkeit vorzutäuschen. Den Vierspur-Rekorder hätte man gleich dazustellen können, denn auch der nachlässige Lo-Fi-Sound kommt einem meistens wie die reine Ausrede vor, die das schiere Unvermögen der Künstler als Spontaneität ausgibt.

Das vorab, weil Andrew Whiteman aus Toronto, sonst Gitarrist des Großorchesters Broken Social Scene, hier eine der großartigsten Lo-Fi-Platten seit Menschengedenken gemacht hat. Lo-Fi in dem Sinn, dass Apostle Of Hustle nur ganz selten wie eine lückenlos komplette Band klingen, dass gut hörbar mit Home-Recording-Technik gearbeitet wurde und viele Unfertigkeiten dieser Songs offenbar bewusst so gelassen wurden. Der Effekt ist völlig überraschend: Whiteman und seine Partner tun nicht naiv, sie setzen Hi-Fi und Lo-Fi bewusst gegeneinander und lenken davon noch ab, indem sie fast nur brillante Melodien verwenden.

Gut, es bewegt sich alles im Rahmen des üblichen, leicht angeschläferten Indie-Pop, Whiteman ist ein typischer Hauch-Sänger (oft sanft zweistimmig wie bei Prefab Sprout) und wird gelegentlich von der eigenen Musik übertönt – das ist aber schon Teil dieses reizenden Spiels zwischen Intimität und Übersteuerung, gleich im ersten Stück „My Sword Hand’s Anger“, wenn Bettkanten-Gitarre und Frühstückstisch-Fuzz-Bass zusammen die Linie entlangrocken, oder in „A Rent Boy Goes Down“, wo die Klavierstunden-zu-Hause-Strophe im Refrain Getrommel und ausgerutschte Gitarre ä la Tom Waits dazubekommt. Was auf Dauer dazu führt, dass dieses an sich brave, Dur-melodiöse Album eine Aura des Unheimlichen bekommt, unterschwellig.

Es gibt auch (wie bei der ersten Platte) Latino-Momente, ein Stück, dessen Rhythmus wie Krepp-Papier klingt, und ein paar Sixties-Jangle-Hits, die sich wie schlaue Blumen direkt zur Sonne drehen. Auch sie haben diese Knabberspuren des Unsicheren, Unvollendeten, das der Schöpfer jedoch genug liebt, um es allerliebst zu schmücken. So kleine Platten mag man ja oft nur aus Mitleid, aber Apostle Of Hustle sind super. (arts &craft/ rtd)

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