Aus der Drogenhölle entkommen: Royal Trux denken jetzt positiv

Früher war das Leben einfacher, da war alles gut im Untergrund. Seit es aber selbigen nach oben geschwemmt hat, verstrickt sich die sogenannte Alternative in quälerischen Selbstzweifeln und schleicht sich um die verlockenden Major-Millionen wie die Katze um den heißen Brei. „Alles Quatsch“, raunzt Neil Haggerty. „Alles Posen.“

„Hey, gib mir mal ’ne Kippe“, knurrt seine Freundin Jennifer Herrema statt einer Antwort. „Ne, du rauchst zuviel“, blafft er zurück.

Szenen einer Ehe namens Royal Trux. 1987 gab das Pärchen ersten Laut von sich, bezeichnender Weise auf einer Compilation mit dem Titel „The End Of The Musk As We Know It“. Acht Jahre und vier Alben folgten Haggerty und Herrema mit wechselnder Begleitung und verschiedenen Bewußtseinszuständen genau diesem Motto: bannten Krach auf Platten für 150 Dollar und junkten mit den New Yorker Noise-Avantgardisten um ihr Leben.

Mit dem üblichen Ergebnis: Die Kritik liebte sie, der Erfolg blieb aus. Über fünf Jahre Streit mit störrischen Musikern und ungesundem Lebenswandel in amerikanischen Großstädten brachten Haggerty zum weisen Schluß: „Wenn das noch länger so gegangen wäre, hätte ich Depressionen bekommen.“

Mit Freundin Jennifer wählte er die Rehabilitation: erst Drogenklinik, dann das Eigenheim auf dem Land, irgendwo in Virginia. „Wir mußten so tun, als wären wir verheiratet, sonst hätten die uns die Hütte nicht verkauft.“ Zum Ehering, das wollen beide betont wissen, hat die Rückbesinnung auf ein bürgerliches Leben noch nicht gereicht. Und auch die Nachbarn grüßen eher ungern. So wie die sehen halt keine Leute aus, die sich gehorsam ins System eingliedern.

Aber: 1994 hat die Lebensgemeinschaft Royal Trux einen Major-Vertrag unterzeichnet; nicht zähneknirschend der Glaubwürdigkeit hinterherweinend, sondern mit frohem Blick in die Zukunft. „Wenn wir nicht so abgenickt gewesen wären, hätten wir das schon vor vier Jahren zustande gebracht; jetzt wollen wir richtig Geld verdienen.“

Dazu gibt es einen Plan und ein passendes Album, das nicht von einer hektisch agierenden Plattenfirma frisiert wurde, sondern von den Kunstschaffenden selbst. Haggertys Motto: „Platten machen ist sowieso verlogen. Wie Literatur, Filme, Sprache. Es hat nichts mit dem Leben zu tun. Wir haben die Schnauze voll davon, als elitäre Pioniere gehypt zu werden. Wir sind jetzt eine Rock’n’Roll Band.“

„Thank You“, ihr neues Album, ist ihr neues Leben. Haggerty wurde übermütig: „Ich wollte ein großes Studio mit ganz vielen Spuren, und jede einzelne davon ausnützen.“ Davor hat Produzent David Briggs, ein Vertreter der alten Schule, die Welt bewahrt. Deshalb klingt „Thank You“ tatsächlich wie Royal Trux als Rock’n’Roll verkleidet – und ist trotz der Schatten ihrer Vergangenheit erstaunlich positiv. Doch das ist alles Teil des Plans: „Wir wollen ein besseres Leben fuhren, wir wollen diese Band behalten, wir wollen gesund bleiben und vor allem immer zusammen sein.“

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