Bela B vs. Dirk von Lowtzow: Wer hat das bessere Buch?

Der Musiker der Ärzte und der Sänger von Tocotronic haben beide Literarisches auf den Markt geworfen. ROLLING STONE hat reingelesen.

Dirk von Lowtzow: „Aus dem Dachsbau“

Dirk von Lowtzow, Sänger der Band Tocotronic, hat ein Buch geschrieben. Keinen Roman. Eher eine Art Memoir in alphabetisch geordneten Schlagworten: von „ABBA“ bis „Zeit“. So wie ­Gilles Deleuze einst in seinem Filmvermächtnis „L’Abécédaire“. Statt einer linearen Erzählung hat man ­also eine Sammlung von Textscherben vor sich, springt in Zeit und Gegenstand, von großen Themen wie Liebe, Freundschaft, Angst und Tod zu kleinen, scheinbar bedeutungslosen wie Cola Zero und Kalkresten im Waschbecken, von Kunst zu Literatur zu Film zu Musik, vom Musikeralltag zu surrealen Träumen.

Amazon

Ein Buch wie ein Album, ­eine weniger pointierte Ergänzung zur autobiografisch geprägten Tocotronic-­Platte „Die Unendlichkeit“ aus dem vergangenen Jahr, eher beiläufig, ­ohne große Ambition erzählt und gerade dadurch von seltsamem Reiz. (Von Maik Brüggemeyer)

Bela B Felsenheimer: „Scharnow“

Der Debütroman des Ärzte-Schlagzeugers gleicht einer absurden „Lindenstraße“ mit Splatter-Elementen. Auf rund 400 Seiten begegnet man knapp 40 Figuren: Während man die Gehirnwindungen der einen bis aufs Klo verfolgt, hat manch andere nur einen kleinen Gastauftritt. Im fiktiven brandenburgischen Dorf Scharnow tummeln sich fliegende Menschen, schießende Verschwörungstheoretiker, Pornodarsteller und -gucker, Alkoholiker, ein mordendes Buch, nackte Räuber, Telepathen, Flüchtlinge.

Amazon

Am Ende hängt natürlich alles irgendwie zusammen. Und immer läuft Rex Gildos „Fiesta Mexicana“. „Scharnow“ ist skurril, detailverliebt, durchaus spannend. Aber es sind einfach zu viele Ideen, zu viele Stränge: Am ­Ende wird nichts auserzählt, und alles löst sich in unscharfen Konturen auf. (Von Naomi Webster-Grundl)

Fazit

Ein eher fragmentarisches Memoir mit surrealen Einsprengseln als Erweiterung des Tocotronic-Katalogs auf Seiten von Dirk von Lowtzow. Ein ziemlich brachialer, skurriler Roman mit B-Movie-Anleihen und Schlingensief-Touch bei Bela B. Zweimal Herausforderung, im Fall von Lowtzow vor allem für Fans, mit Blick auf Bela B vor allem für Leser mit gutem Magen und Kenntnis Brandenburgs. 

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates