Bohnen in die Ohr’n

Wie angelsächsische Popstars dem deutschen Schlager aufs Maul schauten

Schuld war nur der Bo… ckelmann, Udo Jürgen Bockelmann. Bereits 1959 wurden in den USA für den Klagenfutter Jung-Interpreten Veröffentlichungsrechte angefragt. Ziel: Udo J. sollte mit einer deutschen Version des Johnny-Cash-Hits „Don’t Take Your Guns To Town“ auf Polydor bei uns den rettenden Durchbruch schaffen. Zwar floppte das Resultat mit dem kernigen Titel „Leg die Knarre weg“ zwischen Flensburg und Bad Tölz, doch die Amis waren ob der überraschenden Anfrage hellhörig geworden. Folge: Die CBS scheuchte ihren Mann in Schwarz höchstpersönlich ins Aufnahmestudio, ließ ihn „Viel zu spät“ („I Got Stripes“) sowie „Wo ist zu Hause, Mama“ („Five Feet High And Rising“) einspielen.

Und Johnny Cash kämpfte tatsächlich Umlaut & Co. mit Gewalt nieder – hatte er doch während seiner Army-Zeit von 1951 bis 1954 in Landsberg am Lech der Fahne gedient und zumindest etwas deutsche Rest-Artikulation konservieren können.

Aber dann kniff die CBS, beide Cash-Klamotten verschwanden zunächst im Giftschrank. Andere Firmen jedoch zogen mit der „Du-jetzt-Deutsch-singen“-Strategie für Amerikaner und Briten nach. Versprengten Früh-Versuchen von Bill Hayes und Earl Grant (USA) sowie Vera Lynn und Suzi Miller (UK, alle ab ca. 1955) folgte schon bald die General-Attacke auf die hiesigen Gehörgänge: Paul Anka bekam die Lizenz zum Tröten, Cliff Richard, Connie Francis und Brenda Lee ebenfalls, unzählige weitere Kandidaten hockten in den Startlöchern.

Ein völlig absurdes Wechselspiel setzte nun ein: Die ausländischen Ton-Abnehmer quälten sich mit „Gluck“, „huppsche Frauleins“ und „grune Walder“ über die sprachliche Rumpelstrecke, während ihre deutschen Sangeskolleg(inn)en zu noch absurderen Verbal-Mixturen auf Höchststrafen-Niveau verurteilt wurden. Denn Ami-Brocken im schönen Schlager, das war auf einmal „schau“, „knorke“, das „wirkte“. Und bescherte uns so wunderbar unschlagbare Mixturen von der Güteklasse „Little bittle Mondenschein“ (Conny Froboess), „Say never nie“ (Ulla Norden), „So still ist der River“ (Lale Andersen), „Wenn Mister Moonlight seine Memories erzählt“ (Uwe Spier), „I Love You zum Fressen“ (Gretchen Kastei) und „Ich liebe you“ (Rudi Büttner mit dem bis zur Unkenntlichkeit umgebauten „Chantilly Lace“). Und schau an: Die Deutschen lovten es zum Fressen.

Auch auf der „Gegenseite“ versagte ganz gezielt die Grammatik. Sänger John Paris aus Liverpool hatte für Philips mit „Darling, ich dich lieben so“ den Affen zu geben, der Farbige Max Kutta (Ariola) musste feststellen: „Die Zitrone sein sauer“…

Feinste Entgleisungen lieferten dabei zusätzlich ein stets willkommenes Mitgröl-Futter für tumbe Stammtischrunden: „It was only a few years ago / I was a man man Joe / in Kenya / And then they took me back to Germany / To make a Mensch of me“ („Mister Cannibal“).

Doch nicht, dass der deutsche Schlagermarkt etwa fremdenfeindlich gewesen wäre! Schon 1957 gab es in den Hitlisten durchaus Platz für Verschärftes wie Doris Day, Bing Crosby oder Harry Belafonte im Original. Aber, bitte, in Maßen! Denn wer konnte deren Titel schon korrekt aussprechen, um sie dann schließlich im Elektrofachgeschäft um die Ecke käuflich zu erwerben?!

Bevor Deutschgesungenes von Amis und Briten richtig boomte, wurde darum erst mal gnadenlos umgetitelt. Sogar unverdächtige Instrumentalstücke (!) erwischte es kalt: Billy Vaughns „Shifting Whispering Sands“ mutierten für die US-Band The Gringos zum wortlosen „Thomas Rock aus Alabama“, Mitch Millers geflötetes „The Whisder And His Dog“ fand sich auf dem hiesigen Markt – zack, zack – als „Millers Pfeif-Marsch“ wieder. Und noch Jahre später geriet „Struttin‘ With Maria“ von Herb Alpert völlig schuldlos zum „Rosenfest in San Salvador“.

Ein sehr beliebter Kunstgriff war damals auch die Vergabe deutscher „Obertitel“ für EPs mit Gesang. So kam schon 1955 „Minnesänger von drüben“ (!) in die Läden. Diese Scheibe enthielt aber nicht etwa staatlich verordnete Brigaden-Power von duften Arbeiter- und Bauern-Carusos aus der Ostzone, sondern vier Original-Tracks der amerikanischen Vokalgruppe The Four Aces.

In den Sechzigern gab es dann kein Halten mehr: Schluss mit dem Wort-Mischmasch, die Gäste mussten endgültig auf die Schulbank. Und dabei kam kaum eine Stilrichtung ungeschoren davon. Die Rock’n’Roll-Abteilung in allen Schattierungen war mit Elvis Presley (immerhin zwei Strophen lang), Roy Orbison, den Everly Brothers, Brenda Lee und anderen namhaft vertreten. Der Twist (Chubby Checker), Country (Willie Nelson, Johnny Cash), Soul (Supremes, Temptations, Dionne Warwick, Marvin Gaye), UK-Beat (Beades, Searchers, Swinging Blue Jeans), UK-R&B (Manfred Mann, Spencer Davis Group, Georgie Fame), Folk Joan Baez, Don Paulin), Pop (Mary Hopkin, David Garrick, Sandie Shaw) – nahezu jeder Bereich meldete populäre Opfer, von den unzähligen, bis heute nahezu anonym gebliebenen Eintagsfliegen gar nicht zu reden.

Den Rahm schöpfte dabei zunächst eine neue Träller-Spezies ab – die Zugereisten. Ein gutes Dutzend an Interpreten schlug alsbald bundesdeutsche Basislager auf.

Denn zu Hause hatten sie entweder ihre besten Zeiten schon hinter sich (wie Peggy Manch und Graham Bonney) oder waren dort klangtechnisch kaum oder gar nicht unangenehm aufgefallen, u. a. Bill Ramsey, Chris Howland, Gus Backus, Charlie Hickman, Mal Sondock, Ireen Sheer, Maureen Renee oder Billy Sanders. Ihre zusammen knapp 100 (!) hiesigen Charts-Notierungen bis 1973 garantierten die Eingemeindung dieser Entertainment-Gastarbeiter als so genannte „Schlager-Deutsche“ und signalisierten damals außerdem: Personeller Nachschub musste her!

Dies bedeutete zugleich erhöhte Alarmbereitschaft für die deutsche Textdichter-Gilde. Den Schlagermarkt bediente in jenen Jahren ein harter Kern von rund 20 Vollzeit-Reimern. Namen wie Kurt Feltz, Hans Bradtke, Günter Loose, Kurt Hertha und Fini Busch (die einzige erfolgreiche Dame im Herren-Zirkel), Carl-Ulrich Blecher und Joachim Relin tauchten auf den Plattenlabels mit uhrwerkartiger Regelmäßigkeit auf. Die gelernten Zahnärzte und Komponisten, abgebrochenen Theologie- und Architekturstudenten, Sekretärinnen und Lesemappen-Vertreter (mit Hunderten von Hits im Berichtsheft) warfen sich mit Macht, Routine und fabelhaften Ideen auf die neue Klientel.

Zweigleisiges Vorgehen war angesagt: Neben dem fließbandartigen Laichen deutscher Origenialtexte wie „Rüdesheim liegt nicht an der Themse“ (für David Garrick), Ja, der Willy muß beim Whisky immer weinen“ (Karl Denver) oder eines kryptischen Codes wie „Mandolino Pling-Plang-Plong“ (Laune London) galt es vor allem, bereits vorhandene englischsprachige Hits zur nationalen Verwendung aufzubereiten. Nicht immer konnte dabei eng an der Vorlage gearbeitet werden, nicht selten galt die erprobte Formel „passt, wackelt und hat Luft“.

So wurde etwa aus Sandie Shaws „Puppet On A String“ der bestenfalls silbenmäßig einleuchtende „Wiedehopf im Mai“, Brian Hylands „Summer Job“ geriet zur eher überraschenden Feststellung „Weil du die Puppe bist“, und bei John Leytons „TI’ll Cut Yout Tail Off“ musste man – nix schnippschnapp – für das freiere „Einmal ist keinmal“ geradezu dankbar sein.

Sogar die Lyrik-Koryphäe Bob Dylan wurde geschwürtreibend angezapft. Für den Interpreten Dave Colman, den englischen Ex-Gitarristen von Casey Jones & The Governors, drechselte Hans Bradtke aus dem „Mighty…“ einen „Alaska Quinn“: „Er ist wie ein Herkules / groß und bärenstark / Ihr müßt Quinn, den Eskimo, sehen / eine Karte kostet eine Mark / Bären fangen kann der Quinn, fünf mit einem Schlag / Ihr müßt Quinn, den Eskimo, sehen / und Sonntag ist Familientag!“ Kult pur.

Colman, in späteren Jahren ein überaus beliebter WDR-Hörfunk-DJ, hatte (wie auch Pat Boone, Cliff Richard, Connie Francis oder der Manfred-Mann-Sänger Paul Jones) kaum Probleme mit der komplizierten deutschen Sprache – was eher die Ausnahme blieb. Das Gros der Betroffenen aber, meist zum ersten Mal mit „ä“, „ö“, „ü“ oder „ch“ konfrontiert, radebrechte sich hilflos durch die Dichtungen. So klingen etwa „Wie du“ („My Soul“) von Jimmy & The Rackets oder Tom Cavanas „Hummeltwist“ eher so, als würde hier per Rührfix-Quirl ein ganzer Eimer Buchstabensuppe aufgemischt. Und der vom Hühner-Höker zum amerikanischen Twist-König umgeschulte Chubby Checker gab unter Aufbietung aller Kräfte freie Fahrt für seine getwistete „Good Old Schwäb’sche Eisenbahn“: „Wenn ick durck die Tannel schankel, isses stock un very dankel.“ Logo, härter juh kann nott ssäh itt.. Doch Mühe allein genügte auch schon damals nicht. Und so mussten immer wieder Hilfskräfte phonetische Seelsorge am Tatort leisten. Der Vogue-Texter und -Produzent Larry Yaskiel bog den armen Searchers im Londoner PYE-Studio die „Tausn Naddelschtischa“ („Needles And Pins“) bei, CBS-Producer Gerd Schmidt machte für Johnny Cash in New York den Übungsleiter, Gerhard Mendelson (Polydor) half Connie Francis in Wien auf die Sprünge. Und für die EMI reiste Produzent Otto Demier 1964 als Sprach-Coach an die Seine. Nach zusammen 25 Takes hatten er und die Herren Lennon, McCartney, Harrison und Starr schließlich „Sie liebt dich“ und „Komm gib mir deine Hand“ in Paris im Kasten; Texte, an denen maßgeblich ein Jean Nicolas“ beteiligt war. Hinter diesem Pseudonym steckte der ARD-Schmierseifen-Moderator („Spiel ohne Grenzen“) Camillo Felgen. Fast immer im Gepäck der Helfer: viel Geduld und mächtige, prähistorische „Prompter“; Pappen mit

überdimensionaler Schreib- oder Lautschrift, von denen die Gepeinigten ablesen und das wackelige Resultat auch noch als Gesang tarnen mussten.

Bei den Aufnahme-Modalitäten gab es erhebliche Unterschiede. So hatte es ein Mann wie der in Hamburg ansässige Tony Sheridan verhältnismäßig leicht. Mit seinem Producer Bert Kaempfert (er formulierte als „Bernd Bertie“ das deutsche Intro für „My Bonnie“) rutschte er im Handumdrehen aus dem „Star-Club“ in die Polydor-Studios im Stadtteil Rahlstedt. Ahnliches galt für Combos, die sich ohnehin hauptsächlich in Deutschland aufhielten, wie etwa Ian & The Zodiacs, Casey Jones & The Governors oder Jimmy & The Rackets. Problematischer wurde es, wenn deren Kollegen und Konkurrenten bevorzugt zwischen London und Liverpool pendelten oder gar postalisch jenseits des großen Teichs gemeldet waren.

Standen dann Sessions auf dem Programm, flogen die „big names“ samt Gefolge extra in diese Breiten ein. Helen Shapiro (ganz early „Emma“ mit „Ich such mir meinen Bräutigam alleine aus“) und Wanda Jackson („Santo Domingo“) waren zwischen 1962 und 1970 immer wieder Gäste der Electrola-Studios im Kölner Maarweg; Paul Anka („Auf dem Standesamt von Laramie“) und Bobby Bare („Wilder Wolf und brauner Bär“) standen in den Lichterfelder Festsälen in Berlin hinter den Studio-Mikros, Roy Orbison („Mama“) und Pat Boone („Baby Sonnenschein“) bei der Teldec in der Hamburger Osterstraße sowie Lesley Gore („Littie Little Liebling“) in Hamburg-Harburg. Einen wahren Bevorratungs-Rekord stellte dabei Connie Francis auf: 1966 steuerte sie die Münchner Grammophon-Studios in der Kreillerstraße an und transportierte dort innerhalb von drei Tagen knapp zwei Dutzend deutschsprachige Titel von ihrem Stimm- aufs Tonband.

Andere Interpreten mochten die eigene Scholle partout nicht verlassen. So entstanden Johnny Cashs und Brian Hylands deutsche Ergüsse sämtlich in New York, Brenda Lee favorisierte (bei nur vier Ausnahmen) Nashville und die Searchers natürlich London.

Nicht selten beschränkten sich alle Ton-Setzer darauf, lediglich die noch fehlenden Vokal-Parts absingend zu ergänzen. Die Backing-Tracks waren bereits in Deutschland vorfabriziert worden, z. B. von James Last für Brenda Lee oder vom renommierten Unterhaltungs-Orchester Johannes Fehring für Lesley Gore. Reisten keine hiesigen Produzenten als Betreuer mit, vertrauten die zum Äußersten entschlossenen Barden gern ihren hochkarätigen Landsleuten, die aber meistens ebenso wenig verstanden, was denn verbal überhaupt ausgestoßen wurde: Quincy Jones (Lesley Gore), Chet Atkins (Bobby Bare), Tom Wilson (Connie Francis) oder Norrie Paramor (Cliff Richard und Helen Shapiro).

Aufwand jedenfalls ohne Ende. Stellt sich allerdings die Kardinalfrage: Was stand ertragsmäßig eigentlich unterm Strich? Die Plattenfirmen bevorzugten damals das kostengünstigere Single-Format als Medium. Nur für die Abräumer vom Kaliber Cliff Richard, Petula Clark, Connie Francis & Co. liefen komplette LPs mit deutschen Titeln aus der Plattenpresse. Aber schon die zweite Garnitur blieb diesbezüglich absolut chancenlos.

Eine Hit-Garantie gab es jedoch auch im 45er-Bereich nicht. Zwischen 1959 und 1975 schafften gerade mal 25 Interpreten aus den USA bzw. Großbritannien mit 99 Songs den Sprung in die hiesigen Charts – vergleichsweise wenig, gemessen am Massenaufgalopp der knapp 250 (!) Probanden. Connie Francis (23 Treffer), Cliff Richard (17) und Petula Clark (14) griffen dabei permanent ab. Der Rest, knapp 247, musste sich ergo mit 35 Hits begnügen!

Mit Ausnahme von Earl Grant (Jeder Tag hat ein Ende“, 1959) und den Honeycombs („Hab ich das Recht“, 1964) hatten alle Platzierten mindestens zwei Versuche, um in die Charts zu kommen. Andere Einzeltäter, selbst solche mit bestem musikalischen Leumund, scheiterten: Je größer die Popularität – so scheint es -, desto gefloppter die Singles. Fehlanzeige verbuchten u. a. Dusty Springfield, Willie Nelson, Roy Orbison, Georgie Fame, Manfred Mann. Andere scheiterten trotz wiederholter Anläufe, z. B. Chris Andrews, Johnny Cash, Brian Hyland oder gar die kompetente Spencer Davis Group.

Zu Beginn der 70er Jahre schwächte sich der Trend ab, Amerikaner und Briten in deutscher Sprache dilettieren zu lassen. Grund: die nachhaltigen Veränderungen in der angloamerikanischen Musikszene. Hardrock, Bluesrock und der sogenannte progressive sound lieferten kaum noch passende Vorlagen, die sich für deutsche Blaupausen geeignet hätten. Wurde trotzdem auf die alten Strickmuster zurückgegriffen, hatten es die Interpreten weitaus schwerer als zuvor, einen Hit zu landen. Bis 1975 schafften dies nur noch die: Irin Dana, Cliff Richard und Barry Ryan mit zusammen fünf Titeln. Selbst ein Klassiker wie Frank Zappas „Du bist mein Sofa“ soff gnadenlos ab: „Ich bin in deinen Rissen und Ritzen« ich bin Eier aller Arten» und du bist mein Sofa“ mochte beim besten Willen nicht mit dem Massengeschmack konvertieren.

Nach 1975 ging dann so gut wie gar nichts mehr. Nur noch versprengt – und von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt – gab’s Deutsches aus den USA oder

dem United Kingdom. Ob Nazareth („Morgentau“), David Bowie („Helden“), Tom Robinson („Alptraum Tango“), Peter Gabriel („Schock den Affen“), Bruder Phil Everly („Ich bin dein“) – es setzte milde Flops in Serie. Sogar das Golden Gate Quartet, im „Blauen Bock“ der ARD noch frenetisch gefeiert, konnte 1977 mit dem schon rund 40 Jahre zuvor gern geschmetterten, farblich auf die damaligen Uniformen abgestimmten „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ nicht mehr nennenswert abkassieren.

Gezahlt wird längst woanders. In Sammlerkreisen nämlich haben sich die früher ungeliebten 17-cm-Scheiben zu äußerst gesuchten Vinyl-Antiquitäten gemausert. Zum Zeitpunkt ihres Erscheinens von der anglophilen, popverrückten Akne-Fraktion nicht mal mit Kneifzangen angefasst, wanderten diese Singles schnell in die Grabbelkisten, blieben auch dort Ladenhüter und wurden alsdann final verklappt. Da diese ganz speziellen (Mach-)Werke der Springfields, von Gene Pitney, Kiki Dee & Co. ausschließlich auf den deutschsprachigen Markt zielten, waren sie ohnehin nur in kleinen Auflagen gepresst worden – und folglich schon am Erstverkaufstag Raritäten in spe.

Zu den einträglichsten Geldanlagen zählt heute „Nur du allein“ von den englischen Merseybeats, das im vergangenen Jahr bei einer Auktion für schlappe 1005 Mark veräußert wurde; im sehr hohen dreistelligen Bereich liegen inzwischen auch Roy Orbisons „Mama“, „Mein Girl“ von den Temptations und „Nimm mein Herz“ (Sorrows). Preise, die natürlich Bestzustand und einen vorhandenen, schmuddelfreien Bildumschlag voraussetzen.

Die Geschichte dieses fast vergessenen Randbereichs der Popmusik – eine Lachnummer per se – ist gespickt mit Kuriositäten. So. „…durfte sich auf dem kleinen Accurat-Label sogar die geläuterte englische Politiker-Matratze Mandy Rice-Davies („Profumo-Aftäre“,1962) mit einem deutschen Lied anbieten, „Auf die große Liebe“; – wurde zwecks Promotion für eine „Bonanza“-LP eine Werbesingle mit dem Titel „Vater Cartwright erzählt von der Ponderosa“ in Umlauf gebracht, auf der jedoch nicht etwa „Pa“ Lome Greene, sondern sein deutscher Synchronsprecher Friedrich Schütter ein paar verkaufsfördernde Worte für das Album sprach; – bot die britische Comedy-Truppe Bonzo Dog Doo Dah Band auf der deutschen Pressung ihrer Single einen deutschen Sprachteil Die britische enthielt einen englischsprachigen. Was auch sonst?

– nannte sich der Bill Haley-Ausflug in die deutsche Sprache „Rockin‘ Rollin‘ Schnitzelbank“. Was auch immer er damit gemeint haben mochte – arme deutsche Vegetarier!

– „gurgelte Louis Armstrong in, „Der treue Husar“ mehrfach den Ortsnamen „Schwarzenbek“ (!) ins Gelände, weil ihm der Name dieser Kleinstadt von Überland-Autofahrten Hamburg – Berlin präsent geblieben war; -überraschte noch 1989 das nur begrenzt haltbare Amüsier-Trio Klaus & Klaus & Dave Dee mit einer Neufassung von „Zabadak“: Während Klein-Klaus begeistert Phantasielaute mit der Endung „…kack“ absondert, mischt sich der Engländer per verstörtem Zwischenruf in die Humpta-Hymne ein: „Hey, you two, was tut ihr beida auf meina Platta?!“; „- finden sich immer wieder Texte aus dem Bereich des nur schwerst Vorstellbaren. US-Altmeister Tennessee Ernie Ford etwa besang auf der raren Capitol-Single „Eins, zwei, drei“ eine haushaltsorientierte Lebensabschnittsgefährtin aus der Schweiz (!), deren üppige Verköstigung er in Form sprachlicher Mixed Pickles goutierte: „Eins, zwei, drei, she bakes me lots of Strudels; eins, zwei, drei, Sauerkraut und Nudels.“

Auf den Nenner aber dürfte den deutsch-angloamerikanischen Kulturaustausch eine Single von Helen Shapiro bringen. Auf deren Hülle war zu lesen: „Englands Top Star singt jetzt Deutsch“. Und die A-Seite der Platte präsentierte den Titel „Frag mich nicht warum“.

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