Großmeister der Paparazzi: Ron Galella ist tot

Seit den 60er-Jahren bestach er Sicherheitsleute, Hotelpagen und Chauffeure, um den internationalen Jetset auf Film zu bannen und gilt damit als Pionier der Sensationspresse. Zum Dank wurde er von der durch ihn gejagten Hautevolee verklagt, verprügelt – aber auch vergöttert.

Er war Gründervater einer berüchtigten Zunft, lichtete als Paparazzo nahezu alle großen Stars des vergangenen Jahrhunderts ab. Am Samstag (30. April) ist der Blitzlicht-König Ron Galella im Alter von 91 Jahren gestorben. Ein Familiensprecher bestätigte gegenüber der „New York Times“, dass der US-Amerikaner in seinem Heim in Montville (New Jersey) einem Herzleiden erlegen ist.

Der Krieg und das Regiestudium formten seinen Stil

Ron Galella kam am 10. Januar 1931 in der New Yorker Bronx als Sohn italienischer Einwanderer zur Welt. Seine Karriere nahm ihren Anfang bei der Air Force: Im Koreakrieg diente er als Fotograf der amerikanischen Luftwaffe und studierte anschließend Fotografie, Schauspiel und Bühnenregie – wie er selbst sagte, verdanken seine Bilder jenem Studium ihre Dramatik.

Ron Galella im März 1955 in der Pinecastle Air Force Base in Orlando (Florida)

Ein Großmeister seiner Klasse

Seit den 60er-Jahren bestach er Sicherheitsleute, Hotelpagen und Chauffeure, um den internationalen Jetset auf Film zu bannen – er wollte immer dort sein, wo ihn niemand erwartet. Mit seiner Kaltschnäuzigkeit, seinem untrüglichen Instinkt und einer gehörigen Portion Chuzpe begründete er die verrufene Zunft der Paparazzi. Ob Yves Saint Laurent, Elvis Presley, Mick Jagger, Audrey Hepburn, Elizabeth Taylor, Woody Allen oder Muhammad Ali – unter den Opfern seines Blitzlichtes finden sich die größten Namen der modernen Weltgeschichte.

Mick Jagger und Jerry Hall in den späten 70er-Jahren

An Jackie verlor er sein Herz und beinahe auch seine Freiheit

Sein wohl berühmtestes Foto schoss er aus einem fahrenden Taxi heraus: Auf dem schwarz-weißen Bild ist im von ihren Haaren umwehten Gesicht Jackie Kennedys der Ansatz eines beginnenden Lächelns zu sehen. Für ihn sei sie so etwas wie seine Freundin gewesen; für die Präsidentengattin war er ein Stalker: Die ehemalige First Lady brachte Galella vor ein Gericht, welches eine Abstandsregelung festlegte. Weil er die Maßregel missachtete, drohte ihm sogar eine Gefängnisstrafe. Schließlich erklärte sich Galella bereit, nie wieder auf den Auslöser zu drücken, wenn Kennedy vor der Linse steht. Er hielt sein Wort.

Ron Galella auf der Jagd nach einem Schnappschuss von seinem Lieblingsobjekt Jackie Kennedy Onassis

Ein gebrochener Kiefer für ein Foto ohne Sonnenbrille

An einem Tag des Jahres 1973 winkte ihn Marlon Brando zu sich. Galella hatte dem Schauspieler stundenlang nachgestellt; und so fragte ihn der Verfolgte: „Was willst Du denn noch, was Du nicht schon hast?“ „Ich hätte gern ein Foto ohne Sonnenbrille“, soll der Lichtbildner geantwortet haben. Brando lehnte ab, Galella blieb hartnäckig. Schließlich schuf der Charakterdarsteller mit einer harten Faust Tatsachen: Aus dem gebrochenen Kiefer Galellas fielen fünf Zähne zu Boden. Beim nächsten Aufeinandertreffen der beiden im New Yorker Waldorf-Astoria-Hotel trug der Gebeutelte einen American-Football-Helm – schließlich wollte er nicht auch noch seine obere Zahnreihe verlieren.

Verklagt, verhauen, aber auch vergöttert

Von einem aber wurde Ron Galella bedingungslos verehrt, jemandem der sich genauso nach der Nähe der Schönen und Reichen verzehrte, wie der Paparazzi selbst: Für Andy Warhol war Galella der Großmeister der Blitzlicht-Fotografie. Er liebte seine zu gleichen Teilen intimen und aggressiven Bilder, die den Kontrollverlust der Schickeria dokumentierten, im „Times“-Magazin gedruckt wurden und heute an den Wänden des New Yorker Museum of Modern Art hängen. Auf ihnen scheint der internationale Jetset vergangener Zeiten unsterblich. Und mit ihm Ron Galella.

Ron Gallela und Andy Warhol circa 1978 in New York City
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Ron Galella Ron Galella Collection via Getty
Ron Galella Ron Galella Collection via Getty
Ron Galella Ron Galella Collection via Getty
Images Press Getty Images
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