Die Landflucht

Nach turbulenten Zeiten konzentriert sich Jay Kay wieder auf JAMIROQUAI und gibt den Geläuterten

Über dem Haus von Jay Kay scheint immer die Sonne“, kommentiert die Promoterin von Sony Music zur Begrüßung auf Jay Kays Anwesen im englischen Buckinghamshire das schöne Wetter, und man glaubt es ihr gern.

Etwa eine Autostunde von London entfernt hat der Sänger und Alleinregent von Jamiroquai mit „Horsenden Manor“ ein Anwesen bezogen, wie man es sonst nur in James-Ivory-Filmen zu sehen bekommt. Vom klassischen, noch in der Renovierung begriffenen Herrenhaus aus überblickt Jay Kay ein 70 Hektar großes, parkähnliches Areal, durch dessen sanft geschwungene Hügel sich ein angelegter Bach schlängelt, der die verschiedenen Seen und Wäldchen pittoresk miteinander verbindet – wer so lebt, denkt man sich, der ist ein glücklicher Mann. „Es stimmt schon: Ich bin sehr froh, das hier mein Zuhause nennen zu können“, nickt Kay, der es sich für das Gespräch – nicht ohne einen Anflug von Dekadenz – im Pool bequem macht und entspannt einen Eistee schlürft, „vermutlich ist mein Garten der aufgeräumteste Teil meines Lebens.“

In anderen Teilen war es vor einiger Zeit zu Turbulenzen gekommen: Hämisch begleitet von der britischen Boulevardpresse, hatte sich Jay Kay von seiner Langzeit-Verlobten Deruse Van Outen getrennt, einem TV- und Musical-Star, und mit dem Ende der Beziehung verabschiedete sich Jay Kay vorerst aus der Londoner Partyszene ins Exil auf dem Lande. „Es ist schon seltsam, wie die Leute dich in ein Klischee zwängen und dir sozusagen verbieten, erwachsen zu werden.“ Tatsächlich will man Jamiroquai gerne so sehen, wie man ihn von seinem öffentlichen Bild zu kennen glaubt: Als jungen, wilden Draufgänger, als Space Cowboy und Funk-Schlawiner, der Drogenkonsum propagiert, Lamborghinis sammelt und Nacht für Nacht für Paparazzi posiert. Der Mann, der mir in „Horsenden Manor“ begegnet, ist hingegen ruhig und freundlich -Jay Kay, der am Tag vor der Millenniumswende seinen 30. Geburtstag hinter sich gebracht hat, macht sich sehr wohl einen Kopfüber das Leben jenseits der Adoleszenz. Ohne Drogen und ohne Denise. „Dieses Anwesen ist natürlich ein Refugium, aber nicht nur das. Es symbolisiert, wohin ich mit meinem Leben gehen möchte. Klar, ich denke über Kinder nach und über Familie und darüber, den richtigen Menschen dafür zu finden. Bislang hat’s nicht geklappt“

„Es ist schon komisch, dass die vorige Platte ySynkronized‘ heißt“, lächelt Jay Kay in sich hinein, „vermutlich ist mir gar nicht aufgefallen, dass bei mir eigendich gar nichts so recht synchron lief.“ Jamiroquai hatten „Synkronized“ in Jay Kays damals gerade eben fertiggestellten Studio aufgenommen, und so musste die in einem Nebengebäude von, .Horsenden Manor“ untergebrachte Musikfäbrik sehr zum Leidwesen der Plattenfirma gleich eine Feuertaufe bestehen. Eine stressige Zeit. „Diesmal war alles viel ruhiger“, erzählt Jay Kay, während er stolz die atmosphärisch und in Klangdingen effizient eingerichteten Aumahmeräume des Analogstudios herzeigt. Die goldenen Schallplatten hängen hier sogar an den Klowänden. „Ich wollte mit dem neuen Album meine aggressive Seite zeigen“, sagt Kay, jetzt ein bisschen mehr der flashy lad, „ich wollte Computer-Sounds und treibende Disco-Beats und viel, viel Intensität.“

Abgesehen von den lateinamerikanisch swingenden Tracks „Corner Of The Earth“ und „Picture Of My Life“, trägt Jamiroquais fünftes Album mit „A Funk Odyssey“ tatsächlich gerade den rechten TiteL Jay Kay treibt seine Mitmusiker samt dem neu ins Kollektiv aufgenommenen Gitarristen Rob Harris durch seine computeranimierten Landschaften aus Groove, Funk und French Disco und legt so sein bis dato schlüssigstes Album vor. „Meine Band ist meine Farbpalette“, beschreibt er den kreativen Prozess, „ich kann mit ihr malen und solange an dem Bild arbeiten, bis es genau meiner Vorstellung entspricht.“ Ginge das doch mit dem Leben nur genauso.

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