Die Schweizer Young Gods schaffen Musik nach eigenen Gesetzen

Wer Neues erschaffen will, muß Altes zerstören. Bereits seit 13 Jahren arbeiten die „jungen Götter“ aus der Westschweiz an ihrer Audio-Vision einer neuen Musik, die – so Sänger Franz Treichler die zementierten Traditionen der Rockmusik hinter sich läßt: Gitarren, Baß, ja überhaupt Instrumente seien doch unwichtig, da die Young Gods-Musik ohnehin auf Intuition basiere und allein den Zweck habe, „Elektrizität“ zu erzeugen.

Dazu stellten die Young Gods schon auf der Debüt-Maxi „Envoye!“ den Sampler mit all seinen Verfremdungsmöglichkeiten in den Mittelpunkt ihrer Konzeption – was 1986 nun beileibe nichts Ungewöhnliches mehr war. Doch die bung Gods setzten ihn mit dem Selbstverständnis eines Punkmusikers ein: Mit beängstigender Energie ließen sie bedeutungsschwangere Klassik-Loops, wuchtige Heavy-Metal-Blöcke und apokalyptischen Schreigesang aufeinanderprallen ganz so wie das nahegelegene Genfer Atom-Forschungszentrum CERN die Elementarteile.

In der Heimat erregte dies nur wenige Gemüter, in England hingegen überschlugen sich die Fachblätter mit euphorischen Titel-Stones. Tenor: Die Young Gods seinen die wahre Zukunft des Rock’n’Roll.

Was sich schon auf dem letzten Studio-Album „TV Sky“ andeutete, hat sich auf dem neuen Werk „Only Heaven“ bestätigt Die aktuelle Formation mit dem Schlagzeuger Üse Hiestand, dem Sampling-Spezialisten Alain Monod (alias Al Comet) sowie Sänger Franz Treichler hat sich über weite Strecken vom ermüdend brachialen und hektischen Metal-Rock der Anfangszeit, aber auch von der aufgesetzten Theatralik ihres Cover-Albums „Play Kurt Weill“ entferne Daß sich die Band damit auch von ihren Avantgarde-Fans distanziert, ist Franz Treichler wohl bewußt. Doch Treichler, der zunehmend nicht mehr brummelt und brüllt, sondern richtig singt, meint achselzuckend, man werde daran schon Gefallen finden, wenn man nur etwas Geduld habe.

Tatsächlich, Mit einer atmosphärisch dichten Musik, die auch klangmalerische, getragene Passagen zuläßt und damit neue Kontraste schafft, gelingen den Young Gods eindringliche Spannungsbögen. Ein episches Stück wie das l6-minütige „Moon Revelation“ mag vordergründig nicht mehr so innovativ wirken, streckenweise sogar wie eine Ambient-Version von Space-Rock klingen. Doch die Young Gods bleiben selbst dann noch immer fern der DEV-Norm für Radio-Kompatibilität – und fern der Charts.

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