Gil Ofarim: Prozessbeginn in Leipzig

Was geschah wirklich am Abend des 4. Oktober 2021? Verhandlung über antisemitischen Vorfall startet im Lichte der aktuellen Ereignisse

War es ein antisemitischer „Diss“ oder eine vorschnelle Verleumdung?

Der Sänger Gil Ofarim, der im Oktober 2021 einen Hotelangestellten in Leipzig wegen angeblich antisemitischer Äußerungen auf seinem Insta-Kanal bloßgestellt hatte, muss sich nun selbst verteidigen. Sein knapp zweiminütiges Video wurde seinerzeit über vier Millionen Mal geklickt. Und hatte damals einen regelrechten Mediensturm verursacht; auch über Deutschland hinaus …

Zwei Jahre später wird der Zwischenfall im Westin Hotel natürlich auch im Lichte der rasant gestiegenen Antisemitismus-Vorfälle im Zuge des Gaza-Krieges betrachtet; was die Richter wiederum für den Moment ausblenden müssen. Am heutigen Dienstag (07. November) beginnt in Leipzig der Prozess – der Musiker hat mit Davidsternkette um den Hals den Saal betreten.

Gil Ofarim hatte seinerzeit detailliert dargestellt, sozusagen Live und in Farbe, was gerade (angeblich) in besagter Hotel-Lobby passiert war.

Seine Sicht der Dinge stellte sich so dar: Er hatte sich beim Check-In erkundigt, warum Hotelgäste hinter ihm in der langen Schlange vorgezogen worden sind. Irgendjemand aus der Meute habe dann gerufen, er solle halt seine Kette mit dem David-Stern wegstecken.

Ein Mitarbeiter des Hotels hätte diesen „Rant“ bestätigt und seinerseits bekräftigt, dass er dann sogleich einchecken könne.

Das Video explodierte viral, es folgt eine Welle der Solidarität. Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) verurteilte den „offenen Antisemitismus“ als „unsäglich und unerträglich“, Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig, (SPD) bat stellvertretend um Entschuldigung. Viele Medien glaubten Ofarims Darstellung und tuteten ins selbe Horn.

Auch der Rest ist hinlänglich dokumentiert: Das Hotel beurlaubte den Mitarbeiter, der wiederum erstattete Anzeige gegen den Sänger. Sechs Monate sprangen dann die Lichter auf „Alles Anders!“

Die örtliche Staatsanwaltschaft erhob im April 2022 Anklage wegen „falscher Verdächtigung und Verleumdung“. Auf den Hotel-Videoaufnahmen ist die besagte Kette mit Davidstern weder zu erkennen.,noch erinnern sich die Anwesenden daran, die zitierte Äußerung vernommen zu haben.

Was bleibt ist folgendes: Wollte sich ein Promi, dem das Check-In nicht schnell genug ging, auf Kosten von Angestellten aufplustern? Oder sollte hier Alltags-Antisemitismus unter den Teppich gekehrt werden??

Ofarim hatte laut Aussagen bereits an der Rezeption damit gedroht, sich in den sozialen Medien zu äußern. Bereits Minuten später saß er vor der Eingangstür und nahm ein Mini-Video mit sich selbst auf, das er am nächsten Tag veröffentlichte.

Nun muss das Gericht, was in der Lobby wirklich geschah. Im Raum steht der Vorwurf der falschen Verdächtigung und Verleumdung des Hotelmitarbeiters.

Im ZDF äußerte sich dazu deren Rechtsexpertin: „Genau darauf wird es nun im Gericht ankommen: Hat er was Unwahres behauptet und konnte er wissen, dass es falsch ist, dass er also lügt“, so Sarah Tacke.

Gil Ofarim selbst gab kürzlich noch Interview in dieser Causa. Tenor: Ein Urteil gegen ihn wird er kaum akzeptieren können. Schließlich steht er felsenfest zu seinen Aussagen.

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