Heldinnen für einen Tag

Der alte Blueser Tony Joe White hat eine Duett-Platte mit seinen Lieblings- sängerinnen gemacht. Emmylou, Lucinda, Shelby - ausgerechnet Tina kam nicht!

Er hat den Blues. Und das schon seit rund 35 Jahren. Seine treue Fangemeinde liebt ihn dafür, doch nicht erst in den letzten Jahren gab es auch vermehrt Kritiker, die sich wünschten, dass Tony Joe White mehr machen würde, als lediglich neue Variationen des durch Tina Turner zu Hit-Ehren gekommenen „Steamy Windows“ abzuliefern, zumal er sich auch bei seinen Konzerten der letzten Jahre auf einen sehr spartanisch-puristischen Sound versteift hat „In den „Polk Salad Annie‘-Tagen hatte ich eine komplette Band auf der Bühne und habe jeden Abend die gleichen Songs gespielt, denn alles andere wäre den Musikern gegenüber unfair gewesen“, sagt White. „Derzeit spiele ich nur mit einem Drummer, denn er braucht sich keine Akkordwechsel zu merken, und ich kann auf jeden Songwunsch aus dem Publikum sofort eingehen.“ Für sein neues Album „The Heroines“ jedoch hat er sich etwas einfallen lassen. Lucinda Williams, Emmylou Harris, Shelby Lynne und Jessi Colter stehen dem inzwischen in Tennessee heimisch gewordenen Swamp-Rock-Veteranen neben Ehefrau Leann und Tochter Michelle als Gesangspartnerinnen zur Verfügung, und für sie schrieb White seine subtilsten, variantenreichsten Songs seit Jahren.

Ohne groß darüber nachzudenken, wie er selbst sagt. „Die Platte ist wirklich etwas völlig anderes, weil ich vorher noch nie Duette gemacht habe, noch dazu welche mit meinen heroines, meinen Heldinnen“, stimmt White zu. „Mein Sohn Jody, der die Platte ja auch koproduziert hat, trug die Idee an mich heran und fragte: ,Wenn du die Wahl hättest, welche Sängerinnen wären dabei?* Also machte ich eine Liste, und außer der anderweitig beschäftigten Tina Turner machten alle mit Das Schönste daran war, dass alles ganz unkompliziert ablief, obwohl so viele Leute beteiligt waren. Es hat einfach sein sollen!“ Mit seinen Gedanken ist White derweil schon beim nächsten Album. Das soll „The Heroes“ heißen und weitere Duette enthalten, dann ausschließlich mit männlichen Gesangspartnern. Joe Cocker steht dafür ebenso ganz oben auf der Liste wie Jon Anderson, Hank Williams Jr. und B. B. King. Andere Musiker hätten womöglich ein mulmiges Gefühl bei so viel Heldenverehrung, aber White hat schon früh gelernt, damit umzugehen. „Als ich zum ersten Mal Tina Turner traf, war ich natürlich genauso nervös wie bei meiner ersten Begegnung mit Elvis. Ich hatte schweißnasse Hände! Aber sobald du mit ihnen über Musik redest, verfliegt deine Unsicherheit. Dann bist du einer von ihnen.“

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