Inside: Die kleine Agentur mit dem großen Plan für Trumps globale Energiedominanz

Trump-Notizen für den Leiter der US-Handels- und Entwicklungsagentur zeigen, wie diese „Hand in Hand“ mit der fossilen Brennstoffindustrie daran arbeitet, Gas in Schwellenländer zu bringen.

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Thomas Hardy verändert Amerikas Auslandshilfe im Verborgenen

Unter den vielen auffälligen Persönlichkeiten bei der renommierten Energiekonferenz CERAWeek in Houston fiel ein Mann durch seine unauffällige Erscheinung besonders auf: Thomas Hardy. Während Konzernchefs und Minister in Luxushotels residierten, übernachtete Hardy, ein von Donald Trump ernannter Beamter, in einem einfachen Hotelzimmer für 130 Dollar. Fotografiert wurde er in einem grauen Hemd mit offenem Kragen und abgetragenen Schuhen. Ein bescheidener Auftritt für jemanden, der gerade dabei ist, die Richtung der US-Auslandshilfe maßgeblich zu verändern.

Wie die USTDA unter Trump zur Schaltzentrale für fossile Interessen wird

Hardy ist amtierender Direktor der US-Behörde für Handel und Entwicklung (USTDA). Einer vergleichsweise kleinen Bundesbehörde. Während andere Institutionen wie USAID unter Trump an Einfluss verloren, hat Hardy die USTDA zu einem stillen, aber zentralen Akteur für Trumps energiepolitische Agenda gemacht. Besonders deutlich wurde das auf der Konferenz in Texas, wo Hardy nicht nur mit Vertretern großer Öl- und Gaskonzerne zusammentraf, sondern auch auf Veranstaltungen mit den Energieministern der Türkei und Libyens sprach. Der französische Konzern TotalEnergies lud ihn zu einem Cocktailempfang – laut Briefing-Unterlagen mit dem Ziel, Kontakte zur Öl- und Gasindustrie zu knüpfen.

Trump ersetzt Klimaschutz durch profitable Energiepartnerschaften

Statt wie früher Projekte zur Förderung sauberer Energien zu unterstützen, soll die USTDA unter Hardy nun gezielt Infrastruktur für Erdgas in Schwellenländern finanzieren. Das entspricht exakt Trumps Vorstellung von „Energiedominanz“ – ein Begriff, der wirtschaftliche Interessen über klimapolitische Rücksichten stellt. Die USTDA hat laut eigenen Angaben bereits „enormes“ Interesse an solchen Projekten festgestellt.

Trumps neue Entwicklungspolitik – mehr Export, weniger Hilfe

Während Millionen für Trumps Wiederwahlkampagne aus der fossilen Industrie flossen, verspricht sein außenpolitischer Kurs nun eine doppelte Dividende: Unterstützung für US-Unternehmen und geopolitischen Einfluss durch Energiepartnerschaften. Doch Kritiker wie Senator Sheldon Whitehouse warnen vor einer gefährlichen Schieflage. Trumps Kurs bringe höhere Energiekosten für US-Verbraucher und sei zugleich ein Rückschritt für den weltweiten Klimaschutz. Whitehouse spricht von einem „umgekehrten Robin-Hood-Schema“, bei dem die Allgemeinheit für die Profite der fossilen Eliten zahlen müsse.

Neue Genehmigungen statt Klimaschutz: Trumps energiepolitische Wende

Noch vor seinem Amtsantritt hatten US-Gasunternehmen Kapazitäten für Exporte ins Ausland ausgebaut. Unter Trump wird dieser Prozess nun forciert: Umweltauflagen wurden gelockert, Fördergebiete erweitert und Exportlizenzen im Schnellverfahren vergeben. Die Botschaft ist klar: Statt sauberer Energien soll nun amerikanisches Flüssigerdgas die Weltmärkte dominieren. Auch als Mittel gegen Handelsdefizite wird LNG ins Spiel gebracht.

Die USTDA zwischen Aktivismus und Stillstand

Während viele Behörden in der Trump-Ära zum Erliegen kamen, war Hardy auf Konferenzen präsent, plante neue Projekte und traf sich mit internationalen Partnern. Die USTDA mag zwar offiziell auf Eis liegen, aber ihr Einfluss lebt weiter – besonders durch Kontakte zu Schlüsselunternehmen wie GE Vernova oder Cheniere Energy. Laut Briefing-Notizen will Hardy die „ganze Bandbreite“ an Energieformen fördern, mit Fokus auf Erdgas, kritische Mineralien und Kernenergie.

Reverse Trade Missions: Wenn Entwicklungshilfe zur Verkaufsveranstaltung wird

Ein fester Bestandteil der USTDA-Strategie sind sogenannte Reverse Trade Missions: Dabei bringt die Behörde Entscheidungsträger aus Entwicklungsländern mit US-Firmen zusammen – eine Win-Win-Situation für den Export, aber problematisch für Länder, die langfristig auf klimafreundliche Energie angewiesen wären. Hardy traf bei der CERAWeek auch mit GE Vernova zusammen – einem Unternehmen, das zwar im Bereich der Erneuerbaren aktiv ist, aber auch Gasturbinen produziert. Die Grenzen zwischen Entwicklungshilfe und Industriepolitik verschwimmen zunehmend.

US-Entwicklungshilfe als Hebel für fossile Infrastruktur

Ein Blick in interne USTDA-Unterlagen zeigt, wie systematisch die Behörde während Trumps erster Amtszeit Gasprojekte in Ländern wie Sierra Leone, Vietnam oder Indien gefördert hat. Diese Politik trug Früchte. Exportaufträge im Wert von über einer Milliarde Dollar wurden dadurch generiert. Hardy plant laut Notizen, die Industrie erneut einzubinden. Um diese Strategie weiterzuentwickeln und an neue Marktbedürfnisse anzupassen.

Klimaforscher schlagen Alarm: LNG ist keine Lösung

Wissenschaftler wie Robert Howarth von der Cornell University warnen eindringlich vor den Emissionen durch Flüssigerdgas. Seine Studien hatten die Biden-Regierung zur Aussetzung neuer Exportlizenzen bewogen. LNG habe einen der höchsten CO₂-Fußabdrücke unter den fossilen Brennstoffen. Und Länder wie Vietnam – die unter Trump aktiv zum Ausbau ihrer Gasinfrastruktur gedrängt wurden – könnten in langfristige Abhängigkeiten geraten. Für Howarth wäre das eine „Tragödie für das Klima“.

Project 2025: Trumps konservativer Masterplan für Auslandshilfe

Hinter Trumps energiepolitischer Neuausrichtung steht mehr als Pragmatismus. Sie folgt einer Ideologie, wie sie das konservative Netzwerk „Project 2025“ formuliert hat. Dieses fordert, sämtliche Klimapolitik aus der Auslandshilfe zu streichen und Institutionen wie die USTDA zu privatisieren. Oder ganz aufzulösen. Obwohl sich Trump öffentlich von dem Projekt distanziert hat, entspricht sein Regierungshandeln in vielen Punkten dessen Vision.

Transaktionale Entwicklungspolitik: Export schlägt Entwicklung

Die Vorstellung, Hilfe nur dort zu leisten, wo sie den USA direkten Nutzen bringt, durchzieht viele Papiere rund um Trumps zweite Amtszeit. Statt Zuschüssen soll es Kredite geben. Statt struktureller Armutsbekämpfung Investitionen in Infrastruktur, die US-Firmen Gewinne versprechen. Die USTDA steht im Zentrum dieses Ansatzes. Da sie laut eigenen Zahlen mit jedem eingesetzten Dollar durchschnittlich 231 Dollar an US-Exporten generiert.

Experten warnen: US-LNG ist wirtschaftlich und ökologisch fragwürdig

Auch aus ökonomischer Sicht ist LNG nicht immer sinnvoll. Sam Reynolds vom Institute for Energy Economics and Financial Analysis hält es für „finanziell unklug“, auf US-Gas zu setzen, wenn günstigere, saubere Energie verfügbar ist. Die Versuchung, kurzfristige Beziehungen mit den USA einzugehen, könnte Länder teuer zu stehen kommen. Nicht nur in Dollar, sondern auch in verlorener Zeit beim Klimaschutz.